Akku 2.0 – Kapitel 11
Kapitel 11- Das Dilemma
Jan schaute ungläubig auf den Speicher in seiner Hand.
„Aber man könnte das Teil doch einfach über das Institut vorstellen, dann wüsste es die ganze Welt und Du bekämst dafür sicher den Nobelpreis!“
Erich erwiderte traurig „Nun, das geht leider nicht so einfach. Einen solchen Speicher kann man nicht so einfach aus dem Hut zaubern. Vor vielen Jahren kam mir die Idee und ich habe lange daran getüftelt. Nachdem ein paar Tests erfolgreich waren, begann ich, ein Projekt dazu neben meiner offiziellen Arbeit aufzuziehen. Anfangs war ich etwas naiv und später wollte ich dann unbedingt den Erfolg. Das ist dann auch das Dilemma an der Sache.
Ich habe dafür leider ein wenig Forschungsgelder umgeleitet, um dieses Labor hier zu finanzieren. Falls ich den Speicher präsentiere, dann werden Nachforschungen angestellt. Man würde das Labor finden, ich würde meine Titel verlieren, der Speicher würde als Betrug präsentiert werden und ungeprüft in der Schublade verschwinden.“
„Aber er funktioniert doch, wieso sollte der in der Schublade verschwinden?“
„Lieber Jan, überleg doch mal. Worum geht es bei den meisten Kriegen auf der Welt?“
„Um Öl?“
„Richtig“ Erich fing an, im Labor auf und abzugehen. „Die Menschheit wird von einem System unterdrückt, das auf Energieknappheit basiert. Mit ausreichend Energie könnten alle Menschen in Frieden leben. Kriege um Ressourcen würde es nicht mehr geben. Mit ausreichend Energie kann man alle anderen Ressourcen beschaffen. Selbst, wenn man dafür ins Weltall müsste. Die Energie ist der Schlüssel zu allem. Daher wollen die Herrschenden keine Energierevolution. Der Fortschritt darf nur in kleinen Schritten erfolgen, immer nur so viel wie nötig.
Deswegen verbessern wir die Speicher ja auch immer nur um wenige Prozente. Richtig revolutionäre Forschungsergebnisse sind nicht erwünscht. Das würde das gesamte etablierte System über den Haufen werfen.“
Jan schluckte „Das klingt jetzt aber sehr nach Verschwörungstheorie“. Erich schüttelte den Kopf „Es mag danach klingen, aber es entspricht den Tatsachen. Wenn dieser Speicher den Falschen in die Hände kommt, dann wird er für militärische Zwecke eingesetzt. Vielleicht gibt es wegen diesem Speicher dann sogar neue Kriege.
Flugzeuge und Panzer könnten mit diesem Speicher elektrisch betrieben werden. Sie hätten eine unglaubliche Reichweite, kaum noch Abwärme, kaum Geräusche. Elektrische Energie ist die Grundlage für Laserwaffen. Das würde vollkommen neue Waffengattungen möglich machen. Das müssen wir verhindern.
Wir müssen einen Weg suchen, den Speicher der gesamten Menschheit zugänglich zu machen, ohne Ausnahme!“
Jan konnte nicht fassen, was der Professor da erzählte „Und wer sind diese falschen Hände? Wer sollte den Speicher auf keinen Fall bekommen?“
„Nun, das ist schwer zu sagen, aber im Prinzip geht es um die USA und alle die ihr folgen. Denn alle systemkritische Hochtechnologien, die irgendwo auftauchen, werden von den USA aufgesaugt.“
„Das klingt ziemlich schräg. Wer sind dann die Richtigen? Wo könnte man diesen Speicher gefahrlos der Öffentlichkeit präsentieren?“ Erich antwortete, ohne nachzudenken. „In China!“
„In China?“ Jan stockte der Atem „Das ist eine Diktatur, dort werden Menschen unterdrückt. Die werden die Technik nutzen, um die Welt zu beherrschen. Die sind doch nicht besser als die USA. Mit ihren Überwachungssystemen sind sie noch viel schlimmer als die westlichen Länder!“
Erich sah Jan sehr ernst an „Das ist ein sehr schwieriges Thema. China hat tatsächlich viele Ambitionen, die nicht unbedingt positiv sind. Aber sie haben auch ein großes Energieproblem. Das ist ein riesiges Volk und keineswegs so einig, wie es nach außen scheint. Mit diesem Speicher könnten dort alle Energieprobleme gelöst werden.
Die Chinesen geben sich zwar wie Kommunisten, im Inneren sind sie aber die wahren Kapitalisten. Sie würden diese Technik nicht verschwinden lassen. Vermutlich werden sie den Speicher auch militärisch einsetzen, das ist sogar recht wahrscheinlich. Aber ganz sicher werden sie das Teil auch massenhaft auf den Markt werfen, in Handys die 2 Wochen ohne Nachladen laufen, in Autos, Hausspeichern und allem was man mit Batterien antreiben kann.
Natürlich müssen wir die Konstruktionspläne zusätzlich parallel an verschiedenen Stellen im Internet veröffentlichen und an Verlage schicken.
Damit wäre sichergestellt, dass jeder an die Technik kommt.
Aber nur durch die Veröffentlichung in China können wir sicher sein, dass der Speicher auch den Menschen zugutekommt. Wenn ich mich irre und die Chinesen behalten das Teil für sich, dann werden die anderen das schnell merken und mit den veröffentlichten Plänen nachbauen.
Die Chinesen werden es bauen und testen, in anderen Ländern wird es vielleicht einfach nur in eine Schublade gesteckt und entsorgt. Mitsamt den Erfindern!
Die USA arbeiten nach dem Prinzip „America first“, die werden das für sich behalten und dafür verwenden, weiter andere Völker zu unterdrücken.
Die Welt würde staunen, wenn das System bekannt würde. Dann aber würden alle das System untersuchen und nachbauen. Jeder hätte dieselbe Chance.“
Jan hatte das Gefühl, als würde sich alles um ihn herum drehen. Er hatte über China bisher sehr viel Negatives gehört. Unterdrückung, Überwachung.
Andererseits war Suzans Mutter eine Chinesin. Hatte das etwas mit Erichs Absichten zu tun? Warum war er so auf China fixiert? Bei dem Gedanken war im ziemlich unwohl. Suzans Mutter konnte nicht aus dem Land, wieso wollte Erich dann dort hin? War bereits Erpressung im Spiel? Oder benötigt er ein Pfand, um seine Frau einzutauschen?
Er konnte keinen klaren Gedanken fassen „Ist das die einzige Alternative?“
„Die Einzige“, erwiderte Erich „Ich habe sehr lange darüber nachgedacht und bin immer zum gleichen Ergebnis gekommen. Jeder andere Staat oder Konzern würde das System in der Schublade verschwinden lassen oder rein militärisch einsetzen. Nur bei den Chinesen bin ich sicher, dass es an die Öffentlichkeit gelangt und damit der gesamten Menschheit nutzt. Natürlich bleibt ein gewisses Risiko, aber das ist der einzige Weg, bei dem ich eine Chance sehe, dass alle etwas davon haben und vor allem, dass wir einigermaßen unbeschadet durchkommen.“ Jan musste sich setzen, seine Knie zitterten.
„OK, und wenn Du das schon so oft überlegt hast, dann gibt es sicher auch schon einen Plan?“ Erich lächelte wieder „Wir müssen das Teil marktfertig entwickeln und irgendwie nach China bringen. In der Zwischenzeit müssen wir aufpassen, dass niemand Wind von diesem Projekt bekommt.“ Jan war ziemlich mulmig zumute „Also doch illegal?“
Erich schüttelte den Kopf „Nur das mit den Forschungsgeldern ist vielleicht nicht ganz legal, aber das nehme ich auf meine Kappe. Damit hast Du nichts zu tun und davon wisst Ihr nichts. Wenn wir fertig sind, bringt Ihr den Speicher nach China“ Jan schaute überrascht „Ihr?“
Erich nickte „Suzan und Du.“