Akku 2.0 – Kapitel 25
Kapitel 25 – Die Wende
Suzan schluckte „Ich brauche etwas zu trinken.“ „Kein Problem“ Smith drückte einen Knopf und einer der chinesischen Zöllner erschien. Smith bestellte Getränke und der Mann entfernte sich wieder. Smith schaute die beiden an „Nun, ich denke, damit hätten wir eine gute Grundlage für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gelegt. Nochmal: Wo sind die Daten?“
Suzan drehte nervös an einem ihrer Ringe und Jan schaute die Wand an. Smith blickte sie abwechselnd zornig an und wartete auf eine Antwort, doch Jan und Suzan schwiegen. Der Zöllner betrat wieder den Raum, und überreichte jedem ein Getränk. Als er vor Suzan eine Flasche auf den Tisch stellen wollte, ergriff sie seinen Arm und drückte dem verdutzten Mann ihren Ring in die Hand, den sie vorher von ihrem Finger abgezogen hatte. Gleichzeitig sagte sie ihm etwas, das Jan nicht verstand. Der Zöllner schaute sie erstaunt an, dann verließ er mit schnellen Schritten den Raum.
Das Grinsen war aus Smiths Gesicht verschwunden. Die Adern auf seiner Stirn schwollen an und er schrie Suzan an „Was war das, was hast Du ihm gesagt? Und wieso sprichst Du Chinesisch?“ Auch Jan schaute Suzan verblüfft an und wiederholte die Frage von Smith, allerdings in deutlich freundlicherem Ton „Du kannst Chinesisch?“
„Mandarin, der meistverbreitete Dialekt und offizielle Amtssprache. Mein Dad meinte, dass ich das unbedingt lernen sollte.“ Jan schüttelte ungläubig den Kopf „Du sprichst also Mandarin?“ Suzan lächelte „für meine Lehrerin hat es gereicht, ich hoffe, er hat mich verstanden. Du weißt ja, ich war noch nie in China, also zumindest, nachdem sie mich als Baby aus dem Land geschmuggelt haben.“
Smith geiferte „Was hast Du ihm gesagt?“ Suzan blieb ruhig sitzen „Wir werden sehen…“
Wenige Augenblicke später wurde die Tür aufgerissen und vier bewaffnete Polizisten stürmten in den Raum. Jan erschrak, doch Suzan blieb gelassen und fasste seine Hand. Einer der Uniformierten rief „Jonathan Smith, Sie sind verhaftet!“, dann packten sie ihn und drehten ihm die Arme auf den Rücken.
Smith war so verblüfft, dass er sich zuerst nicht wehrte. Doch dann fing er an, sich zu schütteln und während sie ihm Handfesseln anlegten, brüllte er vor Wut „Das wird Euch noch leidtun, wir kriegen Euch!“ Unter lautem Geschrei wurde er aus dem Raum geführt.
Jan sah Suzan mit offenem Mund an „Was war dass denn jetzt? Kannst Du mir das bitte erklären?“
Suzan grinste: „Nun, der Ring war ein Geschenk meiner Mutter zu meinem 26. Geburtstag. So rückständig wie viele meinen, ist China bei Weitem nicht mehr. Der Ring enthält einen Mikrochip, der mich als Parteimitglied im Rang eines Botschafters ausweist. Das hat schon Vorteile, wenn man so eine Mutter hat. Ich habe dem Polizisten nur gesagt, dass unser Mister Smith hier ein Spion sei.“ Suzan grinste „Du kannst den Mund jetzt wieder schließen.“
Jan war verwirrt „Ich dachte, Du hast keinen Kontakt mit Deiner Mutter?“
„Ja, wir hatten seit meiner Geburt kaum eine Möglichkeit, sie zu erreichen. Das wäre viel zu gefährlich für sie gewesen. Nur so ein bis zweimal im Jahr gab es kurzen Kontakt per Brief. eMail oder Telefonieren war nicht möglich.“
Jan unterbrach „Du hast gesagt, es gab überhaupt keinen Kontakt!“
Suzan wurde verlegen. „Ich dachte, ich würde Dich damit schützen, wenn Du nicht alles weißt, bitte entschuldige.“
Jan war verärgert. „Was stimmt denn sonst an der Geschichte nicht, die Du mir erzählt hast?“
Suzan hatte einen Klos im Hals. „Das meiste stimmt schon, ein paar Details habe ich aber weggelassen. Ich wollte Dich nicht belügen, aber wie gesagt, hielten Dad und ich es für besser, wenn Du nicht alles weißt. Aber ich will Dir ab sofort die Wahrheit erzählen.
Das mit der Flucht aus China, das stimmt. Dann gab es auch jahrelang keinen Kontakt mehr.
Erst, als meine Mutter in Gefahr geriet, gab es wieder eine Verbindung.
Eines Tages wurde der Arzt festgenommen, der bei meiner Geburt geholfen hatte.
Man warf ihm Drogenbesitz vor. In China steht darauf die Todesstrafe. Um sich zu retten, hat er meine Mutter verraten. Das hat ihm zwar nicht geholfen, aber jetzt hatte meine Mutter ein Problem.“
Suzan schluckte „Über Freunde hat mein Vater davon erfahren und um sie zu retten, ist mein Dad einen Deal mit der Regierung eingegangen. Er hat ihnen eine neue Akkutechnik angeboten.“
Jan unterbrach sie „Unseren Akku? Sollen wir deswegen nach China, um die Daten zu übergeben? Aber die haben wir doch gar nicht!“ Suzan schüttelte den Kopf „Nein, noch mit der herkömmlichen Technik. Aber immerhin mit der doppelten Kapazität. Du weißt doch – jedes Jahr nur 10 Prozent mehr. Er war aber schon viel weiter. Die doppelte Leistung ist da schon ein Angebot, mit dem man etwas erreichen kann. Sein technischer Vorsprung hat ihm da sehr geholfen. Zum Glück hatten die chinesischen Unterhändler nicht viel Ahnung von der Technik, das waren nur Funktionäre.
Die waren von dem vorgeschlagenen Deal so begeistert, dass sie meine Mutter voll rehabilitiert haben. Ich wurde offiziell als ihre Tochter anerkannt und sollte sie in Kürze besuchen dürfen. Außerdem sollte mein Dad dort ein Forschungslabor einweihen und in Partnerschaft mit dem Labor in Deutschland eine Forschungsgemeinschaft aufbauen. Also alles ganz offiziell. Nur sind ja jetzt die Amerikaner dazwischengekommen. Dad wollte nur, dass wir in Sicherheit sind.“
Jan unterbrach sie „Könnte das den Amerikanern nicht gepasst haben? Eine Zusammenarbeit in der Forschung mit China? Haben sie deswegen das Labor in die Luft gesprengt?“
Suzan schüttelte den Kopf. „Sie wussten doch bereits von der neuen Technik und da wäre es ein großes Risiko, meinen Dad zu töten, bevor sie alle Informationen haben.“ Sie zuckte kurz zusammen, als ihr etwas einfiel. „Vielleicht wollten sie uns doch alle töten! Offiziell hatte mein Dad zu diesem Zeitpunkt frei, er wollte sich zu Hause ausruhen, um für die Präsentation am Abend fit zu sein. Aber weil Uwe krank war, ist er doch mit ins Labor. Das hatten sie wohl nicht berücksichtigt!“
Jan nickte „Wir haben ja gesehen, wie skrupellos die vorgehen.“
„Ich hatte noch nicht ganz fertig erzählt“, ergänzte Suzan nach kurzer Pause. „Zum Geburtstag hat meine Mutter mir diesen Ring geschenkt und noch etwas.“ Suzan kramte in ihrer Hosentasche, zog eine kleine Plastikkarte hervor und reichte sie Jan. Er sah die Karte an und staunte „Deswegen warst Du vorhin so locker, als wir nach dem Visum gefragt wurden?“
Suzan lächelte „Genau so ist es“. Jan schaute wieder auf die Karte. Es war ein Diplomaten-Ausweis der Volksrepublik China. Ausgestellt auf Suzan Wong. Mit einem aktuellen Foto.
„Aber wieso hast Du das nicht gleich aufgeklärt, bevor dieser Smith uns verhört hat?“ „Ich wollte hören, was er zu sagen hat und hoffte, zu erfahren, wie viel sie bereits wissen.“ Eine Träne lief Suzan über die Wange. „Jetzt wissen wir immerhin, wo mein Dad ist.“
Jan nahm sie in den Arm und versuchte sie zu trösten.
Der Zöllner, der sie vorhin bei der Einreise kontrolliert hatte, betrat den Raum. Aus Rücksicht auf Jan sprach er deutsch. „Bitte entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten, wenn wir das gewusst hätten, dann…“
„…kein Problem“ unterbrach ihn Suzan „es ist ja nichts passiert. Was passiert mit diesem Jonathan Smith?“
Der Beamte schaute sie an „Er wird wohl erst einmal eingesperrt. Ein dummer Mensch. Dieser Raum ist Audio- und Videoüberwacht, er hat sich selbst entlarvt!“
Suzan fragte weiter „Weiß meine Mutter, dass wir hier sind?“ Er nickte „Es wurden bereits Fahrzeuge angefordert, die Sie zu ihr bringen sollen“
„Fahrzeuge im Sinne von mehrere?“ fragte Jan dazwischen. Der Zöllner nickte „Natürlich, Mitglieder der Regierung fahren immer mit Begleitschutz“
Suzan nahm Jans Hand und lächelte „Ich passe auf Dich auf.“