Akku 2.0 – Kapitel 12
Kapitel 12 – Badespass
Jan und Erich unterhielten sich noch lange Zeit im Labor. Der Professor führte den Prototypen vor und Jan war erstaunt, dass das Teil wirklich die genannte Leistung brachte.
Der Speicher war absolut beeindruckend. Das System war revolutionär. Und er, Jan, durfte ein Teil davon sein. Nur das mit der Geheimhaltung machte ihm einiges Kopfzerbrechen. Er musste daran denken, was Erich alles gesagt hatte. Skrupellose Geheimdienste, Regierungen und Konzerne, die ein Interesse an diesem Speicher haben könnten. Mit China als Lösung hatte er auch seine Probleme.
Plötzlich klingelte ein Telefon und riss die Forscher aus ihrer Diskussion. Beide erschraken. Suzan war am Apparat und wollte wissen, ob man die Männer heute noch irgendwann wieder sehen würde. Ihr wäre nach Gesellschaft. Jan schaute auf die Uhr und war erstaunt, dass es bereits nach 11 Uhr am Abend war.
Sie verließen das Labor und machten sich auf den Weg nach oben. Jan überlegte an jeder Abzweigung, welches wohl die korrekte Richtung wäre. Zweimal lag er dabei falsch. Ohne den Professor hätte er sich bestimmt im weiträumigen Labyrinth des Hotels verlaufen.
Im großen Wohnzimmer wurden sie bereits von Suzan erwartet. Sie schien etwas aufgeregt und fragte neugierig „Alles geklärt?“. Erich schaute Jan an „Ich glaube, wir haben alles geklärt“. Jan nickte „Fürs Erste bin ich erledigt von den vielen Informationen.“
Suzan grinste „Damit kommst Du aber nicht um eine abendliche Trainingsrunde im Schwimmbad herum.“ Sie sah den erstaunten Blick Ihres Vaters und erklärte: „Wir sind bereits bei der Party im Pool geschwommen, ich sollte Jan doch alles zeigen“. Erich grinste „Ich meinte damit das Haus!“
Jan wurde rot. Erich lachte „Ich kenne meine Tochter! Wenn die sich etwas vornimmt, dann zieht sie es auch durch!“ Er machte eine kurze Pause, dann erklärte er „Ich bin schon etwas älter und ziehe mich hiermit zurück. Gute Nacht!“
Jan sah Suzan fragen an „Was meint er damit?“ Suzan grinste „Das ist nicht so wichtig.“ Sie zog Jan an der Hand.
„Auf geht’s, schwimmen hält fit!“ Jan protestierte „Ich muss noch meine Badehose holen“, doch Suzan lachte nur und zog ihn hinter sich her. „Das kostet nur Zeit, außerdem hab ich schon alles gesehen.“ Sie schwammen wieder in der großen Halle ihre Bahnen. Direkt unter dem Sternenhimmel, von der Außenwelt nur getrennt durch eine riesige Glasfläche, die das Wasser überspannte.
Der Mond spiegelte sich auf dem Wasser und Jan fand das irgendwie romantisch. Nach einigen Bahnen gingen ihm die Kräfte aus und er schwamm an den Rand. Suzan hatte deutlich mehr Ausdauer. Jan stieg aus dem Wasser, zog seinen Bademantel an und beobachtete Suzan wie sie Bahn um Bahn durch den Pool zog. Sie schien eindeutig mehr Kondition zu haben als er. Während er sie beobachtete gingen ihm noch einmal die Erlebnisse der letzten Wochen durch den Kopf.
Es war erstaunlich, wie schnell sich sein Leben komplett geändert hatte. Gestern noch der Student, der nicht genau wusste, was einmal aus ihm werden sollte, heute der eingeschworene Assistent bei einem Geheimprojekt eines international angesehenen und geachteten Professors und im Pool mit dessen Tochter, der Frau seiner Träume.
Plötzlich ergoss sich ein Wasserschwall über ihn „träumst Du?“ Suzan war an den Beckenrand geschwommen und grinste ihn an. Dann stieg sie aus dem Wasser. Jan war überwältigt von ihrem Anblick. Suzan sah seinen Blick und meinte „Ein Gentleman schaut aber weg, wenn eine Dame nackt aus dem Wasser steigt!“ Jan senkte verschämt den Blick, griff ein Handtuch und reichte es ihr. Suzan lachte „Ich muss doch irgendwann herausfinden, was hinter der Farbe in Deinem Gesicht steckt, ob es nur eine faule Tomate ist, eine süße Erdbeere oder ein feuriger Chili. Du darfst mir übrigens gerne den Rücken abtrocknen!“ Mit diesen Worten warf sie ihm ihr Handtuch zu. Jan nahm das Handtuch mit zittrigen Fingern und tat wie ihm geheißen. Suzan drehte sich um und grinste. Dann nahm sie ihren Bademantel und zog ihn an. Sie setzten sich gemeinsam wieder auf eine der Bänke neben dem Schwimmbecken, beobachteten die Sterne und horchten in die Stille.
In der Ferne konnte man irgendwo eine Polizeisirene hören. Suzan schaute Jan an und sagte „Ich freue mich, dass Du den Job angenommen hast und bei dem Projekt mitmachst.“ Ihre Augen hatten einen seltsamen verträumten Glanz. Jan war sich nicht sicher, von welchem Projekt sie sprach. Wusste sie über alles Bescheid oder meine sie nur das Forschungsprojekt am Institut?“
Ja, die Arbeit gefällt mir und die Kollegen sind alle sehr nett.“ Suzan lächelte „Ich meine nicht die Arbeit am Institut, ich meinte die neue Batterie, die mein Vater entwickelt hat!“ Jan war überrascht „Du weißt davon?“ „Natürlich, wir haben keine Geheimnisse voreinander, wir sind eine Familie!“
Jan versuchte es sich vorzustellen, wie so eine Familie war. Seine Eltern waren bei einem Autounfall umgekommen als er 12 Jahre alt war. Sein Bruder und er wurden getrennt und kamen in verschiedene Pflegefamilien. Mit seinen neuen Eltern kam er nie wirklich zurecht. Er war froh, als er für das Studium ein Zimmer in einer WG an der Uni beziehen konnte. Eine Familie, mit Liebe, Zuneigung und Vertrauen, so etwas kannte er nicht.
Beim Gedanke daran wurde ihm ganz warm. Er seufzte. Suzan schaute ihn erstaunt an „Alles klar bei Dir?“ Jan erschrak „Tut mir leid, ich musste gerade daran denken, dass ich ohne richtige Familie aufgewachsen bin, das hat mich ein wenig durcheinander gebracht.“
Suzan lächelte ihn an „Jetzt hast Du eine richtige Familie!“ Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter. Ihre nassen Haare kitzelten ihn im Gesicht. Er nahm sie in den Arm und fühlte, wie ihr Herz pochte. Sie blieben noch lange auf der Bank sitzen. In Jans Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Eine richtige Familie, das war etwas, von dem er immer geträumt hatte. Aber er kannte Suzan und ihren Vater erst seit Kurzem. Er konnte das alles noch nicht begreifen. Alles, was der Professor machte, war so abstrakt, so unwirklich und weit jenseits von allem, was für Jan Normalität war.
Ein wenig Angst davor, was alles passieren könnte, hatte er schon. Und diese wundervolle Suzan, wie sie lächelte, wenn sie ihn ansah. Er war sich sicher, wenn sie von Familie redete, dann meinte sie nicht Bruder und Schwester. Nach einiger Zeit fiel im auf, wie gleichmäßig Suzan atmete. Sie war in seinen Armen eingeschlafen.
Das war jetzt allerdings ein Problem. Bei der Führung hatte sie ihm nicht ihr Zimmer gezeigt, Erich schlief sicher schon lange und die Haushälterin war nach dem Abendessen gegangen. Er konnte Suzan unmöglich durch das ganze Haus tragen und ihr Zimmer suchen. Hier im Bad liegen lassen ging aber auch nicht. Also stand er vorsichtig auf, nahm sie behutsam auf seine Arme und trug sie in sein Zimmer. Er legte sie in sein Bett, prüfte noch kurz, ob ihre Haare mittlerweile getrocknet waren, dann deckte er sie zu, legte sich auf das Sofa und schlief ein.