Akku 2.0 – Kapitel 16
Kapitel 16 – Chaos
Als Jan wieder zu sich kam, sah er Suzan neben sich liegen. Er versuchte aufzustehen, doch er war zu schwach. Er robbte zu Suzan und fühlte ihren Puls. Der schlug ruhig und gleichmäßig. Er betrachtete ihren Körper und fand außer ein paar Abschürfungen keine größeren Verletzungen. Es schien, als wäre sie nur ohnmächtig.
Mühsam bewegte er zuerst seine Arme, dann die Beine. Es tat höllisch weh, aber soweit er fühlen konnte, war nichts gebrochen. Sein Kopf brummte und aus einer Platzwunde an seiner Stirn lief ihm Blut über das Gesicht.
Jan zog sich an einer Bank nach oben, nach ein paar Augenblicken gelang es ihm, aufzustehen. Er schaute sich um und sah die anderen Kollegen im Flur verteilt.
Erich saß aufgerichtet an einer Wand, hob mühsam die Hand und gab ihm ein Zeichen, dass bei ihm alles in Ordnung war. Andrea lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Ihre Kleider waren angesengt und sie war mit Staub und Splittern bedeckt. Er drehte sie auf den Rücken und fühlte ihren Puls. Dabei wachte sie auf. Auch sie schien die Explosion weitgehend unverletzt überstanden zu haben.
Ein paar Meter weiter sah er, wie Patrick Rainer half, sich aufzusetzen. Beide waren schwarz im Gesicht und hatten verkohlte Haare, sahen aber ansonsten aus, als wären sie mit dem Schrecken davongekommen.
Tatjana lag wimmernd auf dem Boden, eine Blutlache umgab sie. Jan erschrak. Ein großer Glassplitter steckte in ihrem Arm. Instinktiv riss er sich einen Ärmel von seinem Hemd und band die Wunde ab, Patrick eilte herbei und half ihm, Tatjana aufrecht an die Wand zu lehnen.
Jan eilte zurück zu Suzan, diese war mittlerweile wieder zu sich gekommen und versuchte ebenfalls, sich aufzurichten. Jan nahm sie in den Arm und half ihr dabei. Dicke Tränen liefen ihr über das Gesicht, während er versuchte, sie zu trösten. Plötzlich hörte er, wie Andrea hinter ihm frage: „Hat jemand Franco gesehen?“
Alle schauten sich um, doch Franco war verschwunden.
Die anrückenden Hilfskräfte versorgten Tatjanas Schnittwunde, die sich glücklicherweise nur als leichte Verletzung herausstellte. Patrick und Rainer hatten Brandverletzungen, die anderen waren, bis auf den Schock und kleinere Abschürfungen und einige Prellungen, unverletzt.
Sie alle konnten nicht fassen, was da passiert war. Von außen sah man, dass ihr Labor komplett zerstört war. Von dem Raum, in dem sie vor kurzem noch gearbeitet hatten, war nichts mehr übrig, außer einem großen Loch im Gebäude. Nur ein paar Sekunden später und sie wären alle tot gewesen.
Es war ein Wunder, dass sie so glimpflich davongekommen waren. Nur für den armen Franco kam jede Hilfe zu spät. Die Feuerwehr fand kurze Zeit später seinen leblosen Körper. Er war als letzter aus dem Labor gekommen und die Druckwelle hatte ihn voll erfasst. Die Wucht der Explosion hatte ihn durch die Glasfassade geschleudert. Er war 4 Stockwerke tief gestürzt und dann quer auf der Lehne einer Bank aufgeschlagen. Sein zerbrochener Körper war kein schöner Anblick.
Das Team bedankte sich bei Jan, für die Rettung, Andrea fragte, wie er die Bombe gefunden hatte. Jan antwortete verlegen „Ich wollte einfach einen Kaffee, es war aber keiner mehr da. Deshalb habe ich die Schränke nach Kaffeepulver durchsucht und dieses seltsame Teil gefunden. Ich dachte zuerst, das wäre ein Scherz. Aber die Bombe hatte ein Display mit einem Countdown und da blieb nicht mehr viel Zeit zu überlegen. Als ich dann bemerkt habe, dass die Tür zum Labor abgeschlossen war, und keiner zu mir rüberschaute, da war ich mir sicher, dass es kein Spaß war. Denn was bringt ein Scherz, wenn man nicht zuschaut, wie das Opfer reagiert.
Ich habe dann den Feueralarm ausgelöst, damit alle das Gebäude verlassen und mit der Axt versucht, die Labortür zu öffnen. Bei einem Scherz, hättet Ihr sicher spätestens zu diesem Zeitpunkt reagiert. Den Rest kennt Ihr ja“.
Die Heldentat sprach sich schnell herum und auch Mitarbeiter aus anderen Abteilungen kamen zu Jan, um ihm zu danken und ihn zu beglückwünschen. Es war ihm nicht ganz wohl dabei, so mitten in der Öffentlichkeit zu stehen.
Die Polizei hatte viele Fragen zum Hergang des Anschlags und vernahm sie der Reihe nach, aber niemand konnte wirklich erklären, wo die Bombe herkam und warum jemand das Labor mit allen Mitarbeiten in die Luft sprengen wollte. Der Verdacht fiel schnell auf Uwe, nachdem Jan von dessen seltsamen Verhalten am Vortag berichtet hatte und er heute krankgeschrieben war. Als die Polizei seine Wohnung untersuchte, war diese verlassen. Uwe Anderson war verschwunden.
Als Jan Mittags in der Villa am Notebook nach Berichten über den Anschlag suchte, fand er eine kleine, aber interessante Veröffentlichung. Eine US-Amerikanische Forschungseinrichtung hatte bei einer Pressekonferenz einen neuen Speichertyp vorgestellt, der 10% mehr Kapazität bot, als die bisherigen Systeme. Die technischen Daten waren identisch zu ihrer Arbeit. Erich, der hinter ihm stand und ihm über die Schulter schaute, sagte trocken. „Verstehst Du jetzt, warum wir im Geheimen arbeiten müssen? Es wird gestohlen und gemordet, nur wegen zehn Prozent. Was glaubst Du, würde passieren, wenn bekannt würde, womit wir gerade arbeiten?“
Jan nickte. Die Vorstellung war grauenvoll und ihm war nicht wohl bei dem Gedanke daran, was wohl noch alles passieren würde.