Akku 2.0 – Kapitel 27

Kapitel 27 – das Amulett

Als sie beim Nachtisch angekommen waren, erzählte Suzan von den Ereignissen der letzten Tage. Gracias Gesichtsausdruck wechselte zwischen Erstaunen und Entsetzen, als sie vom Anschlag und den Morden hörte.

„Ich werde dafür sorgen, dass dieser Mr. Smith nicht mehr so schnell aus dem Gefängnis herauskommt, das verspreche ich.“ Sie winkte einen Bediensteten und befahl ihm etwas, das Jan nicht verstand. Dieser entfernte sich mit eiligen Schritten. „Jetzt wird er erst einmal festgehalten, bis wir Zeit finden, uns um ihn zu kümmern“.

Bei Suzans Bericht über die Entführung ihres Vaters auf dem Flughafen in der Türkei und der Vermutung, dass der Professor wohl in der Gewalt eines US-Geheimdienstes sei, wurde Gracia zornig.

„Erich hatte immer schon Angst, dass sie seine Forschungsergebnisse stehlen. Dass sie so dreist sein würden, ihn aus einem Flugzeug zu holen, das hätte ich nicht gedacht.
Er scheint aber schlau genug gewesen zu sein, die Pläne und Aufzeichnungen nicht mit sich zu führen. Wenn sie nur den Prototypen bei ihm gefunden haben, und versuchen, Euch zu schnappen, dann fehlt ihnen noch ein großes Stück für das Puzzle.
Damit besteht noch eine Chance für uns und Erich.

Nachdenklich betrachtete Gracia Wong ihre Tochter, dann hellte sich ihr Blick auf und sie fragte „Su, was hast Du da für eine Halskette? Ist das noch das Drachen-Amulett?“ Suzan zog, erstaunt über die Frage, die Halskette über ihren Kopf und reichte sie ihrer Mutter.

Gracia ließ den Anhänger durch ihre Finger gleiten „Zum Glück wissen die Amerikaner nicht, was das hier ist“ Suzan und Jan schauten sie fragend an und Gracia erklärte „das ist ein kleiner Speicher. Ein sehr trickreiches Teil. Ohne verräterische Anschlüsse. Wenn man beide Teile zusammensteckt und dann auf ein drahtloses Ladegerät legt, dann startet die Elektronik im Amulett automatisch und baut ein W-LAN auf. Man muss dann nur noch eine Verbindung herstellen und kann die Daten herunterladen. Das sieht man dem Anhänger nicht an, von außen sind ja keine Anschlüsse zu sehen. Es funktioniert auch nur, wenn beide Teile zusammenstecken. Jedes Teil für sich alleine ist nutzlos. Für einen nicht eingeweihten ist das einfach nur eine hübsche Halskette. Nur schade, dass das andere Teil bei Deinem Vater ist, Su.“

Jan zögerte kurz, dann griff er an seinen Hals und zog seinen Teil des Amuletts hervor „Aber das Teil ist nicht bei Erich. Er hat es mir gegeben!“ Gracia erschrak und zischte „pack das wieder weg!“ Jan zuckte zurück und steckte den Anhänger wieder unter sein Hemd „Aber ich dachte, wir sollten es Dir bringen?“ Gracia stand auf und sagte laut „Nach dem Nachtisch sollten wir ein wenig an der frischen Luft spazieren gehen, meint Ihr nicht auch?“

Suzan und Jan waren etwas verwirrt, standen aber ebenfalls auf und folgten ihr in den Garten. Als sie draußen waren, sagte Gracia, ohne stehenzubleiben „Wir müssen in Bewegung bleiben, damit man unsere Unterhaltung nicht belauschen kann. Unser Land hat sich sehr verändert. Vieles ist besser geworden, aber einiges auch schlechter. Man kann niemandem mehr trauen. Erich ist ein brillanter Wissenschaftler, aber leider hat er nicht viel Ahnung von Politik. Seine Idee, den Akku hier in China zu veröffentlichen, wird genauso wenig funktionieren, wie in den USA. Man wird die Erfindung wegschließen und wenn wir Pech haben, wird man uns als Mitwisser beseitigen. Das darf niemand erfahren! China ist da leider kein bisschen besser als die USA.“

Suzan wurde blass im Gesicht „Aber was machen wir dann? Genau deswegen sind wir doch hergekommen?“

Gracia beschleunigte ihre Schritte, als ob sie vorhätte, aus dem Garten zu fliehen. Die beiden hatten Mühe, ihr zu folgen. „Wisst Ihr, ich liebe mein Land und ich würde alles für China tun.“ Sie blieb stehen und schaute Suzan traurig an „aber sie haben mir meine Tochter weggenommen, das werde ich ihnen niemals verzeihen. Auf keinen Fall darf es noch einmal passieren, dass Sie Dich mir wegnehmen.“ Gracia fing an zu weinen. Suzan nahm ihre Mutter in den Arm und versuchte, sie zu trösten.

Dann ging ein Ruck durch Gracias Körper. Sie wischte sich die Tränen ab und mit entschlossenem Blick begann sie zu reden „Es gibt eine Möglichkeit, wie wir der Menschheit diesen Speicher zukommen lassen. Der gesamten Menschheit, nicht nur einem Staat oder einer Elite. Weder die USA, noch China oder irgendwer sonst, dürfen diese Technik für sich alleine beanspruchen. Jedes Land muss die Chance haben, davon zu profitieren!“ Jan und Suzan sahen sie erstaunt an und Gracia erklärte weiter „Übermorgen ist eine Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York zum Klimawandel. Ich bin Sonderbeauftragte unseres Umweltministeriums und soll dort eine Rede zum Klimawandel halten.“

Suzan schaute sie fragen an „Eine großartige Idee, Du erzählst dort von unserem Akku und die ganze Welt weiß Bescheid?“ Gracia schüttelte den Kopf „Nein, das ist viel besser! Dort sind Vertreter aller Staaten vor Ort. Jeder besitzt ein Tablet, auf das von einem Kontrollraum aus die Manuskripte der Reden überspielt werden. Aus Sicherheitsgründen kann man nur von einem Punkt aus Dateien überspielen und nur in eine Richtung. Daten die übertragen wurden, lassen sich weder zurückrufen, noch löschen. Wir werden die Pläne, während meiner Rede, an alle verteilen. Dann kann jeder den Akku nachbauen und niemand kann das System stehlen und der Menschheit vorenthalten! Da alle die Daten gleichzeitig bekommen, wird niemand die Pläne einfach wegschliessen, schon aus Angst, andere würden das System nutzen.“ Ihre Augen begannen bei den letzten Worten zu leuchten. Jan war skeptisch „Aber wir werden von Interpol und von der NSA gesucht, wie sollten wir in die USA einreisen?“ Gracia lächelte „Sie suchen Suzan Schmidt und Jan Meier, korrekt?“ Jan nickte. „Aber niemand sucht nach Suzan Wong, Mitglied des diplomatischen Corps der Volksrepublik China. Sicher wird auch unser technischer Berater nicht von Interpol gesucht. Wir müssen nur noch einen schicken Namen für Dich finden“

Suzan und Jan waren von dieser Idee begeistert.

Am Abend saßen sie lange zusammen und jeder hatte noch unendlich viele Fragen. Suzan und Gracia waren glücklich, dass sie endlich wieder vereint waren und Jan war froh, dass sie es so weit geschafft hatten. Der Rest sollte einfach sein. Niemand würde es wagen, Diplomaten anzugreifen. Jan war zufrieden. Als sie zu Bett gingen, dämmerte bereits der Morgen.

Akku 2.0 - Kapitel 27