Akku 2.0 – Kapitel 28

Kapitel 28 – Feindesland

Der nächste Tag wurde für alle sehr anstrengend. Suzan und Jan mussten neu eingekleidet werden, erhielten Ausweisdokumente und eine kurze Einweisung in diplomatische Verhaltensregeln. Sie besprachen ihren Plan, wie sie die Dokumente unbemerkt als Redemanuskript einspielen konnten. Gracia hatte eine Grundrisszeichnung des UN-Gebäudes besorgt und zeigte Jan, wo er die Daten abzugeben hätte, damit sie während der Rede an alle übertragen würden.

Er versuchte sich, alles genau einzuprägen. Die Zeit, um alles zu lernen und zu planen, war viel zu kurz. Aber sie hatten keine andere Wahl und eine zweite Chance würde es vermutlich nicht geben.

Am Abend stiegen sie in eine Regierungsmaschine in Richtung New York. Jan stellte anerkennend fest, dass zur Business-Class doch noch eine deutliche Steigerung möglich war. In diesem Flugzeug gab es alles, was man sich nur erträumen konnte. Aber für all die Annehmlichkeiten, die ihm geboten wurden, hatte Jan keine Zeit. Er untersuchte das Amulett, spielte mit dem Handy und versuchte, eine Verbindung aufzubauen, um an die Daten zu gelangen. Suzan und Gracia beachteten ihn kaum, sie hatten sich immer noch so viel zu erzählen.

Der Flug verlief ausgesprochen ruhig. Als sie in New York ankamen, schien die Sonne. Die Maschine der chinesischen Regierung landete auf einem abgeschotteten Bereich des Flughafens. Suzan und Jan wurden etwas unruhig, die letzten Besuche auf einem Flughafen liefen nicht besonders gut ab. Doch diesmal gab es keinerlei Probleme. Dank der Diplomatenpässe wurden sie nicht kontrolliert und durften auf dem Flughafen, direkt, nachdem sie das Flugzeug verlassen hatten, in bereits wartende Fahrzeuge einsteigen. Auch hier waren es wieder 3 große Limousinen, die sie vom Flughafen zur chinesischen Botschaft brachten.

Der Botschafter begrüßte Suzan Wong überschwänglich wie eine alte Freundin und schien auch sehr erfreut, ihre Tochter kennenzulernen. Er war begeistert, als Suzan ihn auf Mandarin ansprach. Jan stand daneben und verstand kein Wort.

Mitarbeiter der Botschaft brachten die drei auf ihre Zimmer. Suzan und Gracia waren wieder in ihre Erzählungen versunken und Jan experimentierte weiter mit dem Amulett. Das war ein faszinierendes Stück Technik. Die Dokumente und Pläne zum Batteriespeicher lagen tatsächlich in diesen Anhängern verborgen. Das Herunterladen der Dateien ging problemlos und war nicht mit einem Passwort geschützt. Offensichtlich hatte Erich darauf vertraut, dass niemand hinter das Geheimnis des Amuletts kommen würde, der dafür nicht berechtigt war.

Einige Zeit später machte Gracia den Vorschlag, dass sie durch den Park zum UN-Gebäude laufen könnten, um sich die Gegend in Ruhe anzusehen. Am Abend wären sie dann in der Botschaft zum Essen eingeladen. Suzan und Jan gefiel diese Idee. Sie machten sich frisch und verließen gemeinsam die Botschaft.

Das Wetter war schön, Vögel zwitscherten und die Ruhe tat gut, nach der Aufregung der letzten Tage. Suzan und Gracia liefen Arm in Arm, als ob sie das schon immer so getan hätten. Die beiden Frauen waren wieder in Gespräche vertieft und Jan lief gelangweilt hinter den beiden her. Er beobachtete die Tiere und Menschen und dachte daran, wie Gracias Rede morgen vor der UN-Vollversammlung wohl ablaufen würde. Jan hatte auf einmal das seltsame Gefühl, verfolgt zu werden.

Er schaute sich vorsichtig um, doch er musste sich getäuscht haben. Alles war friedlich. Niemand beachtete die Drei. Sie standen vor einer Ampel und als diese grün wurde, liefen Suzan und Gracia los. Plötzlich erkannte Jan, wieso er sich die ganze Zeit beobachtet fühlte.

Ein großer, schwarzer Wagen fuhr mit aufheulendem Motor los und zu seinem Entsetzen erkannte Jan, dass das Auto direkt auf Suzan und Gracia zuhielt. In panischer Angst schrie er ihnen zu, um sie zu warnen. Suzan drehte sich nur überrascht zu ihm um, aber Gracia erkannte die Gefahr und stieß ihre Tochter von sich, um sie aus der Gefahr zu bringen. Suzan stürzte auf den Gehsteig, doch für Gracia selbst war es zu spät. Es gab einen dumpfen Schlag, als sie vom Auto erfasst wurde. Sie wurde über die Motorhaube geschleudert, flog durch die Luft und schlug auf der Straße auf. Suzan schrie vor Entsetzen und Jan lief zu ihr hin, um ihr zu helfen.

Das Fahrzeug stoppte und zwei bewaffnete Männer stürmten auf sie zu. Schockiert starrte Suzan in den Lauf einer Pistole und dann in das Gesicht des Mannes, der die Waffe auf sie gerichtet hatte. Sie keuchte vor Schmerz und Wut „Uwe Anderson – Du dreckiges Schwein!“

Der angesprochene grinste „Hallo Suzan, ich freue mich auch, Euch wiederzusehen“

„Du hast meine Mutter überfahren!“

„Deine Mutter? Das tut mir leid, das wusste ich nicht. Ich dachte, das wäre nur irgendeine Chinesin“ Er spuckte verächtlich auf die Straße „Eigentlich wollte ich ja Dich überfahren!“

Suzan schaute ihn zitternd an, Jan hatte sie erreicht und hielt sie an den Schultern fest „Was willst Du von uns?“

Uwe Anderson lachte „Das wisst Ihr doch genau. Erich hat die Folter ziemlich lange ausgehalten, aber schließlich hat er uns von Eurem Amulett erzählt. Das hätte ich gerne.“

Er richtete seine Pistole abwechselnd auf Suzan und Jan. Die beiden sahen, wie Grace auf der Straße lag und sich vor Schmerzen krümmte. Uwe herrschte sie an „los jetzt, sonst gebe ich ihr den Rest!“

Jan fasste in seine Tasche, holte Suzans Teil des Amuletts heraus und gab es Uwe. Suzan war fassungslos, aber sie wusste, dass sie keine andere Chance hatten. Anderson nahm das Amulett und brüllte Jan an „Willst Du mich verarschen? Beide Teile. Sonst mach ich Euch platt!“ Jan zuckte zusammen. Er fasste in eine andere Tasche, holte das zweite Teil heraus und gab es Uwe.

Der grinste „Vielen Dank, warum nicht gleich so!“ Er drehte sich um und winkte seinen Begleiter zum Wagen. Sie stiegen ein und fuhren mit aufheulendem Motor davon.

Akku 2.0 - Kapitel 28