Kugellautsprecher – selbst gebaut!
Vor kurzem habe ich mir für unser Heimkino ein Paar Grundig Audiorama 4000 Kugellautsprecher gekauft.
Von den Kugeln bin ich rundum begeistert.
Die Teile sehen gut aus, bringen eine gute Performance und sind genauso alt wie ich.
Für den modernen Sound wollte ich auf Dolby Atmos und Auro aufrüsten.
Dafür müssen weitere Deckenlautsprecher her.
Das Design soll irgendwie zu meinem Retro-Kino passen und eine Anlehnung an die alten Grundig-Kugellautsprecher schien mir da passend.
Ich habe lange gesucht, aber nichts gefunden, was mir gefallen hat.
Also habe ich mir einfach selbst ein paar Lautsprecher gebastelt – mit 3D-Druck, viel Lack und Geduld.
Hier präsentiere ich Euch einen kleinen Baubericht zu meinen Heimkino-Surround-Kugellautsprechern.
Kugel? Design in Freecad!
OK, eigentlich sind es keine ganzen Kugeln, etwas gestreckt und hinten flacher.
Der Form nach eher Eier. Aber wer will schon Eier-Lautsprecher.
Bei der Suche im Internet habe ich einige kreative Ansätze gefunden, aber irgendwann bin ich dann auf die Idee gekommen, mir die Teile einfach selbst zu drucken.
Als Chassis habe ich mich für die Monacor SPX-30M entschieden, kleine 3″ Breitbänder mit relativ gutem Klang. Zur Auswahl standen auch welche von Visaton, die wären aber doppelt so teuer.
Kann man ja später immer noch wechseln. Noch wusste ich nicht, ob das überhaupt etwas wird.
Gestaltung und Design
Zuerst habe ich die Front gestaltet.
Das war einfach: Eine Halbkugel, oben abgeflacht. Ein Loch, durch das man die Quäker versenken kann und 4 Löcher für die Verschraubung.
Ein Anfängerprojekt für Freecad.
Ich habe jetzt zwar schon einiges gestaltet, stecke aber immer noch in den Basics.
Das Teil war relativ schnell fertig und ging auch gleich in den Druck.
Cura meinte, der Drucker würde dafür 15 Stunden brauchen – trotz 0.6er-Düse.
Gut, wir haben ja Zeit.
Der ganze Rest.
Während das erste Teil gedruckt wurde, habe ich am Rest designt.
Ihr merkt schon – hier läuft alles durcheinander. Von wegen erst Design und dann Druck.
Optimierung und Parallelisierung! 🙂
Da ich generell möglichst keine Stützstrukturen drucken mag, habe ich überlegt, wie ich die Rückseite drucken kann. Die Front steht beim Druck auf der Lautsprecheröffnung, aber bei einer geschlossenen Halbkugel geht das nicht. Das würde umkippen.
Also habe ich das Teil für die Rückseite abgeflacht.
Aber so ganz hat das auch nicht gepasst, da wären einige Überhänge zu groß geworden. Das geht im 3D-Druck nicht ohne Stützmaterial.
Schliesslich habe ich mich doch für den Druck mit der Rückseite nach oben entschieden und dem Teil eine kleine Stütze zugestanden. Die ist innen, sieht man später nicht mehr.
Für die Verbindung der beiden Halbkugeln habe ich einfach einen Kreis erzeugt, der als Zwischenteil eingefügt werden sollte. Zuerst nur klein, als Verbinder, dann größer als Designelement.
Ergebnis: Ein 4cm Zwischenring.
Das gefällt mir besser, als eine geschlossene Kugel, ist mehr aufgelockert.
Auf der Rückseite des Hinterteils habe ich noch ein Loch eingefügt – das Kabel muss ja irgendwo durch!
Jetzt kann gedruckt werden!
3D-Druck ist sehr laaaangsam. Ich habe zwar die Standard 0.4mm-Düse bereits durch 0.6mm ersetzt, aber es dauert bei größeren Teilen immer noch ewig.
Pro Lautsprecher wurden es über 30 Druckstunden, jeweils in 3 Teilen.
Klar, die Wände sind beinahe 1cm stark, darf ja später nicht scheppern.
Aber irgendwann wurde alles fertig und ich hatte wieder einiges von meinem 5 Jahre alten Filament verdruckt. Damals dachte ich, ich brauche eine Rolle pro Farbe und habe wild gekauft.
Das muss erst alles weg, bevor es neues Material gibt.
Schwarz ist jetzt weg, Blau und Gelb sind weniger. Lila ist auch alle.
Für die spätere Befestigung der Breitbänder habe ich je Kugel 4 Einschraubgewinde in die jeweiligen Löcher eingesetzt. Direkt in PLA schrauben hält nicht gut genug.
Lackieren, Schleifen, Lackieren, Schleifen und Lackieren
Noch langsamer als der Druck ist das Lackieren.
Nicht, weil ich so langsam bin, sondern weil man nach jedem Durchgang einen Tag warten muss, bis die nächste Schicht möglich ist.
Zuerst habe ich 5 Schichten Grundierung aufgebracht und jedes Mal mit immer feinerem Schleifpapier wieder geglättet.
Dann kam die eigentliche Farbe – DB 702 Eisenglimmer. Ein dunkles Grau, matt, mit minimalem Glitzereffekt. Die ganze Glättungsarbeit war gar nicht so wichtig, da die Farbe relativ grob ist.
Eigentlich ist das ja auch ein Rostschutz, bzw. Lack für Eisen.
Die Kugeln sehen jetzt auch aus, als wären sie aus Kanonenkugeln gefräst.
Nach 3 Schichten war ich soweit zufrieden und habe noch 2 Schichten Klarlack zum Schutz aufgebracht.
Der Zwischenring sollte eigentlich Silber werden.
Der Kontrast aus schwarzer Grundierung und dem DB 702 Grau gefiel mir dann aber so gut, dass ich es schwarz gelassen habe. Außerdem hatte ich keinen Silberlack mehr da. Man muss ja auch mal sparen.
Das Lackieren hat insgesamt fast 2 Wochen gedauert.
Das eigentliche Streichen je Durchgang immer nur ca. 30 Minuten. Ich bin sicher kein Lackier-Profi, aber mir gefällt es.
Keine Schlieren, keine Streifen. Besser geht es mit meinen Fähigkeiten nicht.
Kleben!
Kleben ist so gar nicht meine Lieblingsbeschäftigung, das kommt gleich nach Silikonfugen.
Die Teile habe ich mit Sekundenkleber zusammengeklebt. Das soll laut Internet bei diesen 3D-Druck-Teilen gut halten. Zur Sicherheit habe ich nach der Trocknung noch von innen die Übergänge mit Montagekleber verstrichen und abgedichtet. Das sollte dann halten. Sind ja keine Basslautsprecher.
Löten und Improvisieren.
Endlich geht es an den eigentlichen Zusammenbau.
Die Lötstation hatte ich damals zur Konfirmation bekommen, das ist jetzt 38 Jahre her.
Seit 10 Jahren oder länger, war das Teil nicht mehr in Verwendung.
Beim Öffnen der Kiste kam mir dann auch so ein „Alt“-Geruch entgegen.
Ich sollte wirklich weniger arbeiten und mehr basteln.
Das Löten war schwieriger als erwartet.
Im Alter sieht man im Nahbereich nicht mehr so gut.
Das ist irgendwie doof. Aber es hat dann doch geklappt.
Die Kabel hatte ich damals aus einem Hifi-Voodoo-Shop, extra bei Vollmond 2x im Tanz umrundet und mindestens 20 Jahre gut abgelagert, damit sich die Kupfermoleküle auch gut entspannen können.
Wenn das nicht klingt!
Spass – jedes 2,5qmm-Kabel passt für die Anwendung.
Das Lautsprecherkabel hatte eine rote Markierung.
Rot ist ja eigentlich Plus, aber da ich überall die markierte Ader für Minus verwende, habe ich das so beibehalten. Früher gab es wohl nur schwarz/weiß.
Ist aber auch egal, man muss es nur wissen und dran denken.
Das Kabel in die Kugel eingeführt,
Von hinten eine Kabeldurchführung aus Gummi eingeschoben, passt perfekt.
Dämmwolle dazugepackt.
Das war zwar Filterwatte, aber das wissen die Lautsprecher ja nicht. Dämpft genauso gut, wie spezielles Akustik-Material aus derselben Produktion mit anderem Aufdruck.
Die Quäker reingeschoben und – SCHOCK – passt nicht!
Zwar war der Ausschnitt genau auf die Herstellerangaben ausgelegt und der Lautsprecher passt auch durch das Loch.
Aber der Magnet ist genauso dick, wie die Herstellerangaben für den Lochkreis.
Mit Lautsprecherkabel passt es dann nicht mehr!
Das wird einem nicht gesagt, das merkt man erst am Ende.
Sollte man das von außen montieren und dann von innen verlöten?
Kurz durchgeatmet, ein paar Viren ausgehustet und nachgedacht.
Dann kam die Lösung:
Darf man ja eigentlich nicht erzählen, aber der Lötkolben stand noch auf dem Tisch und das Druckmaterial ist hitzeempfindlich.
Also ganz behutsam den Rand minimal weggeschmolzen. Das sieht man von außen nicht.
Nochmal probiert – passt!
Für die Montage jeweils 4x 4 mm Schrauben eingedreht.
Ganz vorsichtig zwar, aber 2 Gewinde waren doch locker. Also alles nochmal raus und Klebstoff auf die Einschraubgewinde und wieder warten…
Fertig!
Endlich sind die Kugeln fertig.
In Natura sehen die besser aus, als auf dem Foto. Ein matter Lack, der aussieht, als wären die Kugeln aus Eisen. Der schwarze Zwischenring lockert alles auf.
Ich bin gespannt auf den Klang.
Für den 3D-Sound habe ich mir einen neuen Verstärker geleistet, aber den muss ich erst noch anschließen. Das dauert immer alles so lange.
An die Wand!
Die Kugeln müssen ja auch irgendwie an die Wand – dafür habe ich mir einen Halter gebastelt.
Eine runde Aufnahme im 3D-Druck, auf die die Lautsprecherkugel einfach aufgelegt wird, in Verbindung mit einem Wandhalter aus Holz.
Sieht ganz brauchbar aus.
Ein bisschen verspielt vielleicht.
Früher waren an der Stelle schon mal Lautsprecher, da standen hinten noch Regale und die Leinwand hing mitten im Raum, die Löcher hatte ich einfach nur zugespachtelt, die Kabel waren noch in der Kabelauslassdose.
Das kommt der Installation jetzt entgegen.
Da muss ich nicht einmal neu bohren.
Zusätzlich gibt es natürlich auch einen neuen AV-Receiver.
Der alte war nach 15 Jahren nicht mehr up-to-date.
Der darf jetzt in irgendeinem anderen Raum weiterdudeln. Irgendwo braucht man immer Musik.
Der Marantz SR 7150 kann alles, was man aktuell für ein kleines Heimkino benötigt.
Inklusive Auro 3D und Dolby Atmos und vielem mehr.
9 Kanäle und auch bei Video bis 8K, das ist sogar mehr, als ich benötige.
Bisher war bei Full-HD Schluss, obwohl der Bluray-Player und der Beamer 4K-fähig sind.
Das Ding ist der Hammer. Mit automatischer Einmessung an 8 Positionen und Optimierung an den Raum, der zugegeben nicht ganz optimal ist.
Der Klang war nach der Einrichtung wie aus einer anderen Welt.
Das liegt natürlich bei Filmen auch an den 2 selbstgebastelten Kugeln.
Konnte man vorher problemlos hören, dass der Ton von unter der Leinwand kommt, so hat man jetzt den Eindruck, die Dialoge geschehen direkt in der Leinwand. Auch der Raumklang hat deutlich gewonnen.
Effekte sind jetzt nicht nur vorne und hinten, sondern überall im Raum
Die Verkabelung war aufwändig. Ich habe alle Kabel mit Bananensteckern versehen, das ist einfacher, als die bisherige Quetschverbindung. Vor allem bei der Menge an Lautsprechern.
Falls irgendwer der Meinung ist, einige Kabel wären zu dünn – das sind die Originalkabel der Audiorama-Kugeln. Hat damals gereicht und tut es auch heute. Die Kabel sind in den Kugeln verlötet und historisch. Da wird nichts geändert.
Da hätten sogar noch 2 Lautsprecher mehr angeschlossen werden können.
Deckenlautsprecher in der Mitte des Raumes? Mal sehen. Aktuell ist nichts geplant.
Jetzt werden erst mal ein paar Filme genossen – und auch Audio von CD und Schallplatte!
Endlich kann auch das Video in 4K durch den Receiver geschleift werden.
Bisher konnte man Video direkt zum Beamer und den Ton über den Receiver leiten, das war aber bei der Bedienung nicht optimal. Daher haben wir uns bisher meistens mit Full-HD beschränkt.
Jetzt gibt es die volle Dröhnung in Audio und Video!
So macht das auch in der kleinen Kammer Spass.
Das nächste Bauprojekt ist ein Wasserspiel im 3D-Druck für das Büro und dort für die fleischfressenden Pflanzen.