Geschichten aus Nerdistan
Ich war schon immer irgendwie seltsam und konnte besser mit Maschinen umgehen, als mit Menschen.
Vielleicht war es auch andersherum und die Menschen konnten mit mir wenig anfangen.
Computer, Internet, Mailboxen? Das war irgendwie verdächtig.
Heute nutzt das jeder, aber damals, da war man ein Aussenseiter.
Bestaunt, bewundert, aber meistens nur belächelt oder für bekloppt befunden.
Die Bezeichnung NERD dürfte wohl passend:
NERD – Ein Mensch mit Spezialinteressen/-fähigkeiten, die Bezeichnung kann bewundernd und/oder abwertend verwendet werden.
Jedenfalls kann ich mich noch erinnern, wie die Leute staunten, wenn ich einen Computer bediente und ich bin mir ziemlich sicher, dass der eine oder die andere mich für ziemlich durchgeknallt hielt.
Gerade aus der Begegnung mit „normalen Menschen“ gibt es aber einige lustige oder nachdenkliche Geschichten, die zu schade sind, um sie zu vergessen.
Daher schreibe ich sie hier für die Allgemeinheit auf.
Mögen sie Euch ein Lächeln oder Schmunzeln ins Gesicht zaubern.
Viel Spaß bei den Geschichten aus Nerdistan!
Die Geschichte der Ingersheimer Stofftasche
Fast jeder Ingersheimer Bürger oder Bürgerin dürfte die Stofftragetasche mit dem Ingersheimer Wappen kennen. Viele Besucher und Gäste der Gemeinde haben die Tasche als Geschenk bekommen, aber die wenigsten werden wissen, woher diese Tasche stammt.
Diese Geschichte der Ingersheimer Stofftasche widme ich unserem ehemaligen Bürgermeister Volker Godel, der im Januar 2023 leider viel zu früh verstorben ist.
Schon in meiner frühen Zeit der freiberuflichen und selbständigen Arbeit, war ich vom Digitaldruck fasziniert und experimentierte mit dem Transfer von Ausdrucken auf andere Medien, beispielsweise Stoff.
Mit einem exotischen NEC Superscript 3000 Thermotransferdrucker bedruckte ich Transfermedien und erstellte damit Mousepads und Stofftragetaschen.
Das war zu einer Zeit, als Nadeldrucker noch Stand der Technik waren und man auf randgelochtes Endlospapier druckte. Laserdrucker waren noch extrem teuer und Thermotransfer, das kannte noch fast niemand.
Jedenfalls klingelte es eines Tages an unserer Haustür und ein fremder Mann stand vor dem Haus.
Er stellte sich als „Volker Godel“ vor und erzählte uns, dass er Bürgermeister in Ingersheim werden wollte.
Damit die Ingersheimer ihn kennenlernen könnten, ging er von Haus zu Haus, erzählte über sich und verteilte seine Wahlflyer.
Der Mann war sehr sympathisch und voll motiviert.
Mir fiel allerdings auf, dass die Plastiktüte, in der er seine Werbeunterlagen transportierte, durchgerissen war und er die vielen Flyer nur mühsam daran hindern konnte, sich in der Umgebung zu verteilen.
Ich gab ihm daher eine selbst bedruckte Stofftasche als Ersatz für seine Plastiktüte.
Die Tasche war allerdings etwas zerknittert und der Druck nicht 100%.
Eine andere Tasche war in der Eile leider nicht verfügbar.
Aber besser als eine zerrissene Plastiktüte war das auf jeden Fall.
Deswegen gab ich ihm das Versprechen, dass, falls er als Bürgermeister gewählt würde, ich ihm eine neue Tasche drucken würde.
Einige Zeit später wurde Volker Godel zum Bürgermeister gewählt.
Natürlich wollte ich mein Versprechen einlösen.
Aber bisher hatte ich nur lustige Bilder oder Werbung für mich selbst auf die Taschen gedruckt.
Beides wäre für einen Bürgermeister unangebracht.
So kam ich auf die Idee, ihm das Ingersheimer Wappen mit dem Schriftzug „GEMEINDE INGERSHEIM“ auf eine Stofftasche zu drucken.
Das war gar nicht so einfach, denn ein farbiges Wappen der Gemeinde war zu der Zeit nicht auffindbar.
Das Internet war noch klein, Ingersheim dort nicht vertreten und in Büchern (z.B. zur 1200 Jahr Feier 1979) fand ich gleich 2 Wappen. Auf den Dokumenten der Gemeinde war nur ein schwarzweißes Wappen,
Einige schlaue Menschen befassten sich damit und stellten fest, dass es sich um die Wappen von Groß- und Kleiningersheim handelte.
Eines der Wappen war wohl von einem Künstler und fehlerhaft und am Ende fand ich das richtige Wappen in meinem Fotoalbum in Form eines Aufklebers zur 1200 Jahr Feier von Ingersheim.
Ich designte also eine Stofftragetasche mit dem Ingersheimer Wappen und dem Schriftzug GEMEINDE INGERSHEIM, druckte das als Unikat im Digitaldruck auf eine Stofftasche und brachte diese Tasche unserem neuen Bürgermeister Volker Godel.
Ein paar Tage später bekam ich eine Anfrage von der Gemeinde, was denn 500 Exemplare dieser Stofftasche kosten würden.
Dazu musste ich natürlich erst bei diversen Druckereien anfragen, denn mein experimenteller Digitaldruck war für diese Menge nicht geeignet und eigentlich war das nur ein Hobby, ich war keine Druckerei, sondern zu der Zeit Student mit nebenberuflichem IT-Service.
Der Werbebeutel für Ingersheim war sogar als Bericht in der Zeitung und offensichtlich war er recht beliebt.
Die Gemeinde hat über die Jahre mehrfach nachbestellt.
Das ist die Geschichte der Ingersheimer Werbetasche, die es seither im Rathaus zu kaufen gibt.
(oder zumindest mal gab)
(Naja, der Artikel stimmt nicht ganz – ich habe nur EINE Tasche bedruckt und auch selbst aufgebügelt.)
In 2022 habe ich den „Auftrag“ zur Nachlieferung bei einer erneuten Nachfrage aus gesundheitlichen Gründen abgegeben.
Die Tasche war für mich niemals ein Geschäft, sondern immer nur eher ein Spaß und eine Idee für Ingersheim.
Dass aus der einen Tasche für den Bürgermeister ein Werbeträger für die Gemeinde werden würde, das war eher ein lustiger Zufall im Lauf der Geschichte.
Zusätzlich zur Stofftasche gab es für den damaligen Bürgermeister noch ein Mauspad mit einem Foto vom Bietigheimer Rathaus, denn bis zu diesem Zeitpunkt hatte er noch kein Mauspad im Ingersheimer Rathaus.
(Artikel aus der Ludwigsburger Kreiszeitung vom 30.5.1997, Verwendung mit freundlicher Genehmigung von www.lkz.de)
Vom Straßenkehrer zum IT-Nerd
Zu meiner Jugendzeit machte man in den Schulferien einen Ferienjob. Nebenher trug man Zeitungen und Werbung aus, in den Sommerwochen gingen viele Schüler in irgendeine Fabrik ans Band.
Da meine Mutter in der Schillerschule in Ingersheim arbeitete, kannte ich den dortigen Hausmeister sehr gut.
Der fragte mich irgendwann, ob ich nicht Lust hätte, einen kleinen Nebenjob als Putzhilfe anzunehmen.
Ich stimmte zu und übernahm die Reinigung der Gehwege vor der Schule.
Aus dem Ferienjob wurde ein Nebenjob – ich ging ja nur zur Schule und war auf dem Weg zum Abitur!
Jeden Freitag oder Samstag vom Mörike-Kindergarten, vorbei an der SKV-Halle, rund um die Schillerschule, bis zum Bolzplatz und die Wege dazwischen.
Das war damals alles tiptopp sauber!
Damals natürlich nicht mit dem Laubbläser, sondern mit Besen und Schaufel!
Später gab es einen Straßensauger mit Motor. Das ging zwar schneller, war aber eine ziemliche Sauerei, denn Staub blieb nicht im Beutel, nur grobe Stücke. Der Rest kam hinten wieder raus.
Da sah man anschließend aus, als hätte man im Staub gebadet.
Später putzte ich auch bei diversen Firmen noch das Büro.
Kann ich mir heute gar nicht mehr vorstellen – ich als Putzmann und Straßenkehrer.
Die Kumpels lachten über mich, aber die Bezahlung war sehr gut und besser als das monotone „am Band stehen“, war es allemal. Nur eben nicht so gut angesehen.
„Vom Tellerwäscher zum Millionär“ hat es nicht ganz gereicht.
Aber vom Straßenkehrer zum IT-Nerd.
Die Zeiten stehen heute noch in der Aufstellung zur Rente!
Wer sonst hat schon mal auf Lohnsteuerkarte als Straßenkehrer gearbeitet?
Wie man mir meine Windrad-Fotos und -Filme geklaut hat
Ja, ich war naiv (und bin es vielleicht noch).
Die Welt war am Abgrund, aber Windräder, Biokraftanlagen und Solar, das könnte den Planeten retten.
Fasziniert war ich, als in Ingersheim der Bau eines Windrades projektiert wurde – bis heute (2023) dem einzigen großen Windrad weit und breit.
(Der grüne Heiner ist ja um einiges kleiner und sonst gibt es NICHTS!)
Es war und ist nicht mein Projekt.
Die Energiegenossenschaft Ingersheim ist dafür zuständig und ich bewundere die Menschen, die das geschafft haben!
Ich hatte darüber nur auf meiner Webseite sehr viel geschrieben.
Aber ich fand die Idee faszinierend – umweltfreundliche Energie, unabhängig von Putin und den Kopfabschneidern vom Golf!
2012 war ich schon lange für die Energiewende!
So bin ich während der Bauphase regelmäßig zur Baustelle und habe hunderte Fotos gemacht.
(Viele davon gab es auf meiner Webseite, einige noch heute)
Auf dem Holderhof haben wir eine Zeitraffer-Kamera installiert, die alle 10 Minuten ein Foto vom Baufortschritt erstellt hat.
Von der Rotormontage habe ich einen durchgehenden Film gedreht.
Und dann war das Windrad fertig.
Kurz danach kamen Menschen aus Stuttgart, angeblich irgendeine Agentur, die einen Bericht darüber machen wollten. Natürlich waren sie zu spät, denn das Windrad stand ja bereits.
So fragten sie mich nach Bild- und Filmmaterial.
Naiv wie ich war, habe ich alle Fotos und Filme ohne Bedingungen auf einen Datenträger kopiert und ihnen ausgehändigt.
Kurz darauf gab es einen Bericht im Internet und auch einen Film – ohne Quellen-Nennung!
MEINE Fotos gibt es auf www.bastel-bastel.de (die meisten habe ich aber Offline genommen).
3 meiner Videos gibt es hier:
Webcam-Zeitraffer vom Windrad in Ingersheim
Rotormontage am 15.3.2012 am Ingersheimer Windrad
Erster Lauf des Ingersheimer Windrads – 3D-Filmchen!!
Die Links zeigen auf Youtube – wer draufklickt, ist selbst schuld!
Der Kunden-Schocker!
Ich hatte bereits während des letzten Schuljahres ein Gewerbe und verkaufte unter anderem IT-Hardware.
Eine Softwarefirma aus Pleidelsheim suchte nach einem zuverlässigen Lieferanten und kam auf mich!
Zu der Zeit wohnte ich noch bei meinen Eltern und die Firma hatte schon über 50 Mitarbeiter.
Macht aber nichts, die Firma wurde mein Kunde und es ergaben sich für beide Seiten gute Geschäfte.
Eines Tages bestellten sie eine größere Menge Speicherbausteine.
Die kamen vormittags bei mir an und beim Mittagessen fragte ich meinen Vater, ob er auf dem Weg zur Arbeit, die Speichermodule dort abgeben könnte.
Das war natürlich überhaupt kein Problem und die Bausteine fanden ihren Weg.
Beim nächsten Treffen erzählte mir mein Ansprechpartner bei der Firma aber, dass er total geschockt gewesen wäre:
Mein Vater war Polizeipostenführer in Pleidelsheim. Polizei-Oberkommisar und natürlich in Uniform unterwegs.
Er fuhr dort mit dem Dienstwagen vor und fragte nach meinem Ansprechpartner.
Dem wurde mitgeteilt „Hi XXX, am Empfang steht die Polizei und fragt nach Dir“ 🙂
Offizielle Abmahnung für www.ingersheimwetter.de
Seit 2003 gibt es die Webseite www.ingersheimwetter.de, auf der ich als Hobby kostenlos, unverbindlich und nicht kommerziell das tägliche Wetter aufzeichne und der Allgemeinheit zur Verfügung stelle.
Eine Wetterstation betreibe ich schon viel länger (ungefähr seit 1995), aber erst mit dem Umzug ins eigene Haus mit Garten in 2003, konnte ich die Wetterstation richtig in Betrieb nehmen.
Über das Design der Webseite habe ich mir nicht viel Gedanken gemacht:
Schön sollte es aussehen.
Eine Fotocollage der Skyline von Groß- und Kleiningersheim, daneben die Wetterstation und das Wappen der Gemeinde Ingersheim.
Böser Fehler – Das Wappen ist ein Hoheitszeichen und darf ausschließlich von der Gemeinde verwendet werden!
Da ich als eingeborener Ingersheimer damals seit über 30 Jahren im Ort lebte und auf dem Rathaus persönlich bekannt war, könnte man ja meinen, ein kleiner Anruf, eine Mail oder sonst irgendein Hinweis auf dieses „Verbrechen“, würde ausreichen.
Ich hätte das natürlich sofort geändert.
Die Gemeinde Ingersheim schickte mir aber eine offizielle Abmahnung!
Zugestellt von der Amtsbotin, Übergabe gegen Unterschrift!
Aufforderung zur Entfernung des Hoheitszeichens sofort, mit Fristsetzung und Strafandrohung!
Autsch – das tat weh!
Natürlich bin ich der Aufforderung sofort nachgekommen.
Auch das Schloss Kleiningersheim habe ich entfernt und später auch den Rest. Man weiß ja nie.
Oben sieht man noch den letzten Rest meines Webseiten-Banners (hoffentlich unverfänglich)
Natürlich hat die Gemeinde recht und ich hatte arg gesündigt.
Aber musste man das auf diese Art durchziehen?
Jedenfalls weise ich seitdem auch immer darauf hin:
www.ingersheimwetter.de ist eine private Webseite und hat nichts, aber auch gar nichts mit der Gemeinde Ingersheim zu tun – außer, dass die Wetterstation mitten in Ingersheim steht!
Leider habe ich dann auch gleich hunderte Fotos von Ingersheim von der Webseite entsorgt, man weiß ja nie.
Deswegen sind nur noch Fragmente enthalten.
Fotos, die mein Vater in Jahrzehnten fotografiert hatte, Fotos, die ich in Ingersheim erstellt hatte, tolle Ingersheimer Bilder von meinem Opa.
Alles hatte ich der Allgemeinheit kostenlos zur Verfügung gestellt – weg damit – man weiß ja nie.
Sind halt jetzt nur noch für die Familie.
Gleiches galt für die Webseite der Schönblicklerchen, dem Kinderchor, der von meiner Frau jahrelang geleitet wurde. DSGVO, Recht am eigenen Bild, Fotos von Kindern? Weg damit. Sicher ist sicher.
Gekauftes Wetter vs. geschenktes Wetter
Die Gemeinde Ingersheim hatte irgendwann natürlich auch eine Webseite erstellen lassen.
Unter anderem gab es darauf die Anzeige des aktuellen Wetters – eingekauft bei irgendeiner weit entfernten Firma und für Ingersheim nur berechnet, weil die Messstation irgendwo anders stand.
Ich habe die Gemeinde daher darauf hingewiesen, dass es ja mitten im Ort eine Wetterstation gibt und sie die Daten gerne kostenfrei und unverbindlich nutzen dürfen.
Inklusive Statistiken und eigentlich allen Daten, die ich hobbymäßig frei zur Verfügung stelle.
Dieser freundliche Hinweis zum Geld sparen, war aber ein ziemlicher Schuss in den Ofen.
Ich bekam eine offizielle Vorladung auf das Rathaus.
Aber nicht etwa, um zu besprechen, wie man die Wetterdaten nutzen könnte, sondern um mir zu erklären, dass das gekaufte Wetter besser wäre, als das von mir kostenfrei zur Verfügung gestellte:
Da ich ein in Ingersheim ansässiges IT-Unternehmen sei, wäre die Verwendung der Wetterdaten eine Bevorzugung einer einzelnen Firma und daher nicht möglich.
Gut, das hätte man mir auch kurz schriftlich mitteilen können.
Aber eine Vorladung und Belehrung durch 2 Personen in Form eines Verhörs, das war krass.
Man hätte die Leistung ja auch ausschreiben können, dann hätte ich ein Proforma-Angebot über 1 cent pro Jahr gestellt.
Es war ja nur ein Vorschlag, ich wollte der Gemeinde nichts Böses!
Nein, das geht nicht.
Gewerbesteuern zahlen ist OK, aber gratis etwas anbieten, was der Gemeinde Geld spart, das geht nicht.
Das muss man verstehen, aus Rücksicht auf die 42 anderen Wetterstationen am Ort.
Es ging nur um das Wetterbanner, das ich der Gemeinde KOSTENLOS zur Verfügung stellen wollte.
Durch dieses Angebot wurde mir unterstellt, ich wollte, dass die Gemeinde mich irgendwie bevorzugt.
Dann eben nicht!
Dir haben die Geschichten gefallen?
Dann ließ auch die IT-Geschichten.