Die beste Tastatur der Neuzeit?
Lange ist es her, dass ich die IBM Model M zu meiner Lieblingstastatur gekürt habe.
Die Buckling-Spring-Tasten haben einfach das gewisse Etwas, das anderen Tastaturen fehlt.
Den meisten Menschen ist das sowieso egal.
90% dürften mit irgendeiner Billigtastatur zufrieden sein, viele arbeiten sowieso nur noch am Notebook und müssen nehmen, was da verbaut ist.
Einige haben sogar weder Notebook noch PC, sondern sind ausschliesslich mit Handy und Tablet zufrieden.
Aber es gibt immer noch die Liebhaber mechanischer Tastaturen, also Keyboards mit einzelnen Schaltern pro Taste.
Und da habe ich nach langer Suche ein neues Meisterstück gefunden:
Die Keychron Q6 Max
Auch wenn die IBM Model M einfach meine Lieblingstastatur war und auch in 2025 immer wieder meinen Schreibtisch ziert, so wird es doch irgendwann mal Zeit für etwas Neues.
Über Tastaturen habe ich ja schon einiges geschrieben, beispielsweise hier über verschiedene Mechas.
Oder mein Beitrag über die IBM Model-M
Aber jetzt hat wieder ein neues Gerät den Weg auf meinen Schreibtisch gefunden:
Die Keychron Q6 Max!
Ein Traum von einer Tastatur. Ein Handschmeichler.
Das ist vermutlich bei allen Sammlern und Süchtigen so:
Man hat zwar mit das Beste, aber Eins reicht nicht und aus der Sammlung muss immer mal wieder
durchgewechselt werden.
So sah übrigens bis letzte Woche mein Arbeitsplatz aus:
Ein selbstgebasteltes Macropad, eine Klim Blaze 7 Wireless Mouse und schliesslich natürlich auch eine Tastatur:
Eine Ducky Shine 7
Die Ducky Shine 7 ist eine sehr hochwertige Tastatur. Natürlich auch mit mechanischen Tasten, ausgerüstet mit PBT-Tastenkappen, schöner RGB-Beleuchtung, Cherry MX-Blue Schaltern und einem Vollmetall-Gehäuse.
Es ist Menschen, denen Tastaturen wurst sind, schwer zu erklären, die Tastatur ist zwar edel und auf meiner Skala sicher eine 8 von 10, aber es fehlt so diese „Freude“, wenn man morgens ins Büro kommt und die Finger auf die Tasten legt.
Es ist eben ein Arbeitsgerät.
Das ist wie bei den Autofreaks – für den einen ein Gerät, um von A nach B zu kommen, beim anderen müssen die richtigen Felgen, Spoiler, Tieferlegung, usw. dran, sonst passt es nicht.
Oder bei Uhren (abgesehen von Smartwatches) – schaut da besser nicht in Sammlerforen.
Und so ist es auch bei den Tastaturen.
IBM Model M – eine 10 von 10, aber irgendwann hat man sich an diesem antiken Cremeweiß satt gesehen, es fehlt die RGB-Beleuchtung und das Ding braucht auch sehr viel Platz auf dem Schreibtisch.
Wie eine Wohnung, die man streicht und einrichtet und super zufrieden ist, aber irgendwann will man doch mal wieder etwas neues.
Die Ducky Shine 7 ist so eine Tastatur, die eigentlich alles hat, was einen glücklich machen könnte, aber sie ist eben so ein AMG-Mercedes oder Porsche Cayenne:
Das Beste, was der „normale“ Markt hergibt, aber irgendwo da draussen muss noch mehr sein!
TKL? 60% – 70% – 80% – 100% Ergo?
Im Bild ist eine Everest Mountan Max zu sehen – bestehend aus dem TKL-Board „Base“, also der Grundtastatur ohne Ziffernblock und per USB-Kabel angeschlossen der zusätzliche Ziffernblock, oben ist noch ein Multimediacontroller aufgesteckt.
Es gibt Menschen, die schwören auf TKL-Tastaturen – TEN – KEY – LESS
Tastaturen ohne das Ziffernfeld an der Seite.
Manche bevorzugen angeblich ergonomische Tastaturen, gebogen, geschwungen, geteilt, was auch immer.
Dann gibt es noch Diejenigen, die es gerne kompakt haben – mit weniger Tasten, oder einem engeren Layout.
Das geht dann bis zu 60% der Originalgröße (ausgehend von der Standard ISO-Tastatur mit 100%) und manche mögen es sogar noch kleiner.
Ich mag dagegen am liebsten die Standard-Tastatur mit 100% Größe – Tastenfeld im ISO-Layout incl. Ziffernblock.
ANSI? ISO?
Die Auswahl an Tastaturen ist riesig, aber Deutschland ist nur ein Fliegenschiss auf der Weltkarte.
Die Welt orientiert sich am US-Imperium und die haben Tastaturen im ANSI-Standard.
Da sind im Vergleich zu Deutschland beispielsweise Y und Z vertauscht, es fehlen die Umlaute, das „Dreierless-S“ und die Enter-Taste ist kleiner.
Natürlich kann man die Tastenkappen wechseln, oder sogar einfach nur per Software ein deutsches Layout hinterlegen, aber es sind eben auch ein paar Abweichungen in den Abmessungen vorhanden.
Wer kein ANSI mag, hat kann dann schon mal 70-80% des Tastaturmarktes aussortieren.
ISO-DE !
ISO ist so etwas Europäisches. Zwar steht ISO für INTERNATIONAL Standard Origanisation, aber das waren den US-Boys schon immer egal, die haben ihr ANSI.
ISO ist der Standard hauptsächlich für Europa.
Die Tastaturen unterscheiden sich dann noch in den Länderstandards nach ISO-GB, ISO-FR und neben ein paar anderen eben unserem ISO-DE
Und da bleiben dann keine 5% des Tastaturmarktes übrig.
100% Tastatur mit Ziffernblock in ISO – DE
In diesen 5 % bin ich auf der Suche nach MEINER Tastatur.
Diesen Exkurs hab ich eingeschoben, weil sicher jeder andere Vorstellungen hat.
Insbesondere die TKL-Tastaturen sind sehr beliebt und jeder, der so ein Gerät bevorzugt, wird über meine Wahl den Kopf schütteln. Aber keine Angst – die Keychron Q6 Max gibt es auch in TKL
Keychron Q6 Max
und jetzt sind wir bei meiner Tastatur angelangt.
Die Tastaturen sind oft ausverkauft und sehr begehrt.
Es gibt verschiedene Ausführungen. Die Q6 Pro hätte vielleicht auch ausreicht, vielleicht wäre die sogar noch etwas „klickender“ gewesen? Die Max hat nämlich im Gegensatz zur Pro noch Akkustik-Dämpfer verbaut.
Nun, mir gefällt die Keychron Q6 Max.
Drahtlos oder mit Kabel?
Drahtlos macht sich natürlich viel schicker auf dem Schreibtisch, weil kein Kabel die Optik stört.
Allerdings muss man das Ding ab und zu zum Laden einstecken und da lass ich die Tastatur dann einfach gleich dauerhaft eingesteckt. Zumal mir die „Unterbodenbeleuchtung“ gefällt – die frisst im Wireless-Betrieb einiges an Akkuleistung.
Optischer und Haptischer Eindruck
Die Keychron Q6 Max kommt in einer schlichten, aber edlen Verpackung. Bei der Übergabe durch die Post habe ich zuerst gedacht, die haben mir 2 Backsteine eingepackt, so schwer war das Teil.
Das kommt hauptsächlich vom Gehäuse – die Tastatur ist in ALU aus dem Vollen gefräst.
Die Tastatur ist extrem schwer – vergleichbar mit der IBM Model-M.
Laut Hersteller 2,5kg!
Übliche Tastaturen liegen bei 1,5kg oder auch deutlich weniger.
Das schwarz eloxierte Aluminium fühlt sich erfrischend kühl an.
Wenn man es beim Tippen mit der Hand berührt, fühlt man das kalte Metal und kann die Qualität quasi spüren.
In diesem Punkt wird die IBM-Model-M klar geschlagen. Die ist zwar auch sehr schwer, die Abdeckung ist aber Kunststoff und bringt nicht diese Haptik, wenn man das Gehäuse berührt.
Die Keycaps kann man, ebenso wie die Schalter, beliebig wechseln.
Die verbauten Standard-Keycaps sind aber bereits erste Sahne. Double-Shout PBT-Tastenkappen.
(ABS-Tastenkappen sind billiger, fangen aber schnell an, speckig zu glänzen, PBT ist deutlich hochwertiger und langlebiger)
Die Tasten sind Lichtundurchlässig, die verbaute RGB-Beleuchtung erzeugt daher nur einen Schein unterhalb der Tasten, aber das gefällt mir sehr gut.
Optisch zaubert einem die Tastatur ein Lächeln ins Gesicht – genau so ein edles Teil muss es auf dem Schreibtisch sein!
Die Tasten fühlen sich glatt, geschmeidig und sehr angenehm an.
Wer da sagt, alle Tasten wären gleich, der wundert sich vermutlich auch über die vielen verschiedenen Parfüms, oder die Mineralwasser-Sorten, die es auf dem Markt gibt.
Die Tastenkappen sind für mich optisch und haptisch ebenfalls 10/10.
Einzig die fehlende Beschriftung der 3. Ebene stört etwas. Beim Hersteller sind entsprechende Tastenkappen abgebildet, bei der Lieferung waren keine dabei (Für das @ und € – Zeichen, das µ oder auch die Sonderzeichen in der oberen Reihe der Zifferntaste).
Arbeitstechnisch macht das nichts aus, die Funktion ist gegeben und natürlich kenne ich die Tasten auswendig. Aber schöner wäre es trotzdem, wenn es das korrekte und vollständige ISO-DE-Layout wäre!
Verbaut waren Gateron Jupiter Banana-Schalter.
Die heissen nur der Farbe wegen Banana, sind aber keineswegs Banane!
Es gibt mittlerweile hunderte verschiedene MX-kompatible Schalter.
Der MX-Standard wurde von Cherry eingeführt, einem deutschen Hersteller.
Mein Favorit bei MX war lange Zeit Cherry MX-Blue – laut klickend und klackernd.
Daneben gibt es viele verschiedene Tasten mit verschiedener Charakteristik, von lautlos bis laut, taktil, linear, usw. Die Auswahl fällt schwer.
Schon die ersten Tippversuche waren eine Freude – das kommt schon in die Nähe der Buckling-Spring, geht aber irgendwie auch in die Richtung anderer historischer Tastaturen – ein präzises, lautes Klackern.
Trotzdem habe ich Kailh Box White Taster verbaut.
Die Tasten sind HOT-Plug, also problemlos und jederzeit wechselbar.
Für die Menge an Tasten hat das trotzdem ein Weilchen gedauert, bis ich alle ausgewechselt hatte.
Die Kailh Box White sind noch lauter und haben einen schön hörbaren Klick.
Durch die Akkustik-Dämpfung in der Keychron Q6 Max geht dieser Klick etwas verloren, aber ganz dezent und unterschwellig ist er doch hörbar.
Der Gesamtklang ist sehr angenehm.
Wenn sich für den einen jede Geige gleich anhört, dann gibt es doch die Übereinstimmende Meinung der Experten, dass eine Stradivari unerreichbar ist. Gleiches gilt für den Klick der Tastaturen.
Der eine mag es leise, der andere laut. Mir gefällt das Klicken der alten IBM Model-F und anderer mechanischer Tastaturen aus dem Anfang der Computerzeit.
Die Keychron Q6 Max mit den Kailh Box White Tastern ist da verdammt nah dran.
Allerdings sei angemerkt, dass ich zwar mit der IBM Model M vergleichen kann, die „anderen“ Tastaturen habe ich aber nur aus der Erinnerung zum Vergleich, es kann auch alles ganz anders gewesen sein.
Jedenfalls gefällt mir das Klappern und Klackern.
Keychron Q6 Max zerlegt
Nach dem Ausbau der Taster für den Umbau auf die Kailh Box White, habe ich schnell ein Foto gemacht.
Hier sieht man, wie aufwändig die Tastatur produziert ist. Alles ist geschraubt und sorgfältig verbaut.
Nieten oder Haltenasen aus Plastik gibt es hier nicht. Das ist absolute Qualitätsarbeit!
Technische Schmankerl
Die technischen Daten will ich hier garnicht alle aufführen.
Der per CNC aus einem Aluminiumblock gefräste Body ist schon eine Hausnummer für sich.
Die Stabilisierer für Leertaste und die anderen größeren Tasten sind aus Metall und geschraubt, kein gestecktes Plastik.
Das Double-Gasket Design, der Enhanced Acoustic Foam und die PBT-Keycaps bringen Qualität.
1000Hz Polling Rate? Das eignet sich selbst für den schnellsten Tipper.
Aufgeführt ist Support für MAC und Windows. Linux wurde glatt unterschlagen, weil genau dafür eignet sich die Keychron Q6 Max hervorragend!
Mit 2,4GHz & Bluetooth gibt es gleich 2 Drahtlos-Standards, aber wie geschrieben, bevorzuge ich aktuell den Anschluss per Kabel – das kann sich natürlich jederzeit ändern.
Open Source mit VIA / QMK
Ein ganz wichtiger Punkt: Die Software der Tastatur ist Open Source und läuft unter VIA / QMK!
Dabei handelt es sich um ein Projekt zur Programierung und Steuerung von Eingabegeräten, zuallererst natürlich Tastaturen.
Mit der Software kann man unter Windows, MAC, Linux und evtl. anderen (über eine Webseite!) jede Taste einzeln belegen und programmieren.
So hat die Keychron Q6 Max beispielsweise Makrotasten, die sich mit längeren Texten bespielen lässt: „Mit freundlichen Grüßen“ oder ähnliches.
In der Tastatur ist ein eigener Computer verbaut – ein ARM Cortex-M4 Chip mit 256K Flash-Speicher.
Technische Daten:
Länge 446 x Breite 137mm, Höhe 20,1 – 32,6mm (von vorne nach hinten ansteigend, ohne Tastenkappen)
Gehäuse aus Aluminium.
2184g (laut Hersteller)
China made!
Der Rest der Welt muss sich warm anziehen, denn immer mehr Produkte kommen aus China.
Während sich die deutsche Autoindustrie bereits Richtung Abgrund bewegt, steht der Maschinenbau noch recht gut da. Die Keychron-Tastaturen kommen allerdings aus Hongkong, also China!
Angesichts der Qualität dieses Sahnestückchens ist der früher abfällig benutzte Begriff „Chinaschrott“ längst nicht mehr angebracht.
Vielleicht könnten auch deutsche Premium-Hersteller so etwas bauen, nur macht es anscheinend niemand. Zumindest nicht so offensiv, dass daraus eine bekannte Marke entsteht.
Fazit
In der Welt der mechanischen Tastaturen kann man mittlerweile alles haben und alles selbst zusammenbauen. Ein Body aus Holz, Alu oder Edelstahl hier, eine Platine dort. Mechanische Schalter aus hunderten von verschiedenen Modellen ausgewählt, mit Öl oder ohne, Tastenkappen in ABS, PBT, Double-Shot, Pudding-Caps (nicht zum Essen!), Gesteckt, Geschraubt, mit Extra Spoiler.
Es gibt alles und alles ist machbar.
Ich habe auch schon einiges selbst gebastelt, unter anderem ein eigenes Macropad mit VIA/QMK, oder eigene Tastenkappen im 3D-Druck, das macht richtig Spass!
Aber mein Focus liegt in diesem Fall eher auf der Anwenderseite und bei Fertigtastaturen.
Da ist die Keychron Q6 Max derzeit die beste moderne Tastatur, die ich bisher in den Fingern hatte.
Alles in allem ist die Keychron Q6 Max ein würdiger Nachfolger meiner IBM Model M
Die IBM wird sicher am Zweitrechner weiter gute Arbeit leisten, aber am Haupt-PC steht jetzt ein neues Zeitalter an.
Ob die IBM Model-M oder die Keychron Q6 Max jetzt die beste Tastatur überhaupt sind, kann ich nicht sagen.
Die Einschätzung hängt von meiner Tagesform und Laune ab.
Ehrlicherweise muss man allerdings sagen, dass es mittlerweile einige Anbieter hochwertiger „Mechas“ gibt.
Da hängt vieles von den persönlichen Vorlieben ab.
Eine Keychron Q6 Max spielt aber auf jeden Fall ganz vorne mit.
Ich würde beide Tastaturen, die IBM und die Keychron – auch wenn sie sich doch in einigen Punkten sehr deutlich unterscheiden – gemeinsam auf Platz 1 meiner Lieblings-Eingabegeräte stellen.
Mit Tendenz zur Keychron Q6 Max, denn die hat einfach das modernere Design und deutlich mehr Möglichkeiten.
40 Jahre nach dem Launch der IBM Model-M wird es aber auch langsam Zeit für einen würdigen Nachfolger!
Irgendwie war die Zeit damals besser – auf die nächste Mondlandung warten wir – trotz KI und modernen Supercomputern – auch nach 50 Jahren immer noch.
Im Gegensatz zu den Buckling-Spring-Tasten, die IBM-exklusiv waren (und heute meines Wissens auch nur von einem Hersteller produziert werden), gibt es die MX-Schalter von Dutzenden Anbietern in hunderten verschiedenen Ausführungen.
Da die Elektronik einer Tastatur keine Raketentechnik ist und die Qualität des Gehäuse ausschliesslich von den verwendeten Materialien und der Leistung der Hersteller abhängt, kann fast jeder eine gute Tastatur bauen.
Das ist schön und es gibt auch viele sehr gute Hersteller.
Leider kann ich sie nicht alle testen.
Natürlich ist auch viel Schrott am Markt. Wenn Hersteller A ein Tastenkappenset für 150,- Euro verkauft und Hersteller B für 30,- Euro eine komplette mechanische Tastatur, dann muss es schon Unterschiede geben.
Allerdings ist der Preis alleine noch keine Garantie für Qualität.
Am Besten immer selbst testen, Internetforen durchsuchen und eine eigene Meinung bilden!
Tastenkappenklau – ein Sport?
Wer mit offenen Augen durch die Elektronikmärkte geht, wird sie sehen:
Die mechanischen Tastaturen, bei denen willkürlich Tastenkappen fehlen.
Überall und willkürlich. Ein Prinzip konnte ich bisher noch nicht erkennen.
Ist das ein Sport? Eine Mutprobe? Einfach nur Blödheit?
Ich weiss es nicht. Es ist schon auffallend.