Kategorie: Jochens Geschichten

Hier gibt es Informationen zu meinen Geschichten und Romanen

Akku 2.0 – Kapitel 6

Kapitel 6 – Nachtschwimmen

Jan war etwas verwirrt. Nein, eigentlich war er nicht verklemmt, aber im Augenblick war er total überrumpelt.

Suzan hatte sich bereits komplett ausgezogen und sprang in den Pool. Jan wusste nicht was er tun sollte, doch als Suzan an den Beckenrand schwamm und ihn auffordern anspritze, begann er sich ebenfalls auszuziehen und sprang ins Wasser.

Was wohl passieren würde, wenn die anderen hier vorbeikämen? Ganz wohl war ihm dabei nicht. Aber das Wasser war angenehm warm und mit Suzan im Mondschein in einem Pool zu schwimmen war besser, als er es sich erträumt hatte. Daran könnte er sich gewöhnen.

Sie schwammen einige Bahnen und Suzan erzählte ihm, dass sie jeden Tag morgens und abends hier schwimmen würde, seit sie in dieses Haus eingezogen waren.

In Korea hatten sie auch bereits ein Haus mit Pool, nur deutlich kleiner und leider ohne Überdachung, da waren die Wintermonate immer sehr lang, wenn sie den Pool nicht benutzen konnte.

„Schwimmst Du immer nackt?“, fragte Jan. Suzan lachte „Nein, dort hinten im Schrank hängen meine Badesachen. Aber es wäre doch unfair gewesen, wenn ich mich umgezogen hätte und Du müsstest alleine nackig schwimmen?“ Sie schaute ihn prüfend an.

Jan nickte „Das stimmt, dann wäre ich wohl nicht ins Wasser gesprungen. Hast Du keine Angst, hier nackt mit mir zu schwimmen?“ Suzan grinste „Nein, wieso? Hast Du Angst?“ Beide mussten lachen.

Nach ein paar weiteren Bahnen stiegen sie aus dem Wasser, Suzan reichte Jan ein Handtuch und einen Bademantel. Gemeinsam setzten sie sich auf eine Bank und betrachteten die Sterne. „Wie lange seid Ihr denn immer an einem Ort?“, fragte Jan. „Das kommt ganz darauf an, welche Forschungsaufträge mein Vater bekommt. Manchmal sind es nur ein paar Monate, in Korea waren es 3 Jahre und die aktuelle Stelle ist für 2 Jahre befristet. Was danach kommt? Das weiß ich nicht.“ Suzan seufzte.

„Gefällt Dir das Leben nicht?“ wollte Jan wissen. „Na ja, es kann manchmal schon sehr einsam sein. Immer nur mit dem Team herumhängen. Natürlich lernt man ab und zu auch andere Menschen kennen. Aber wenn es dann weiter geht, dann wird es doch immer wieder sehr einsam. Immerhin habe ich mittlerweile mein Studium abgeschlossen und gehöre jetzt auch zum Team. Früher war das noch schlimmer. Da war ich meistens alleine mit einer Nanny, während mein Dad in irgendwelchen geheimen Laboren unterwegs war.“ Jan schaute sie an „geheime Labore?“

Suzan lachte. „Das klingt doch gleich viel interessanter, oder?“ Auch Jan musste lachen, „das stimmt natürlich.“ Suzan ergänzte „Das größte Problem ist einfach, wenn man in einem Land ist, dessen Sprache man nicht versteht, wie soll man da Freunde finden? Und wenn man dann endlich Kontakte geknüpft hat, dann geht es auch schon weiter“. Jan nickte, er konnte sich so ein Leben für sich nicht vorstellen. Er war ziemlich beeindruckt.

Suzan stand auf „Es wird Zeit für die Nachtruhe, ich zeige Dir noch Dein Zimmer“. Sie führte ihn zu einem Gästezimmer, das größer war, als seine Studentenbude. Er musste am nächsten Tag unbedingt das Haus noch einmal bei Tageslicht anschauen, das Ding war riesig. Die anderen sollten ja auch hier übernachten, es musste also wohl noch mehr solche Zimmer geben. Ein sehr interessantes Gebäude.

Suzan verabschiedete sich von Jan. „Morgen früh um 8 Uhr gibt es Frühstück, Du hast den Speiseraum ja vorhin gesehen. Wenn Du um 9 Uhr nicht da bist, holen wir Dich ab.“ Jan ging in sein Zimmer und setzte sich auf das große weiche Bett. Er legte sich prüften nach hinten, dachte daran, dass es im Augenblick doch recht prima für ihn lief und im nächsten Augenblick war er auch schon eingeschlafen.

Akku 2.0 - Kapitel 6

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Akku 2.0 – Kapitel 5

Kapitel 5 – Vollmond

Als Jan zu später Stunde wieder einmal mit Suzan ins Gespräch kam, fragte er „Sag mal, wieso hast Du nur die Kollegen eingeladen? Und Deine Mutter konnte nicht mitfeiern?“
Suzan schaute ihn traurig an „Wir sind ein kleines, eingespieltes Team. Wegen unserer Forschung und der vielen Arbeit kommen wir kaum mit anderen Menschen in Kontakt.
Dieses Haus hier haben wir auch erst vor ein paar Wochen bezogen, als mein Vater die Leitung des Labors übernommen hat. Vorher waren wir, das heißt das ganze Team, in Korea. Daher kenne ich hier noch niemanden und für die Freunde aus Korea war leider der Weg zu weit.
Meine Mutter lebt in China, die kann da leider nicht raus.“ Jan schaute sie verlegen an „Ich verstehe…“
Suzan unterbrach ihn „Ich glaube nicht, dass Du das verstehst. Aber ich freue mich auf jeden Fall riesig, dass Du vorbeigekommen bist.“
Sie sprang auf. „Darf ich Dir das Haus zeigen?“ Jan stand ebenfalls auf. Es war ihm etwas peinlich, vielleicht hätte er sie nicht auf ihre Mutter ansprechen sollen. „Gerne, das würde mich sehr interessieren“.

Suzan führte Jan herum und je mehr er sah, desto mehr staunte er. Ein Wohnzimmer von über 200 Quadratmetern, mehrere Schlafzimmer, eine Küche die sicher für über 100 Personen ausreichen würde und ein Speisesaal der bequem 50 Personen fasste.

„Ihr wohnt zu Zweit in dieser riesigen Villa?“ Suzan lächelte „Wir haben noch eine Haushälterin. Die heißt Maria und arbeitet schon für meinen Vater, so lange ich mich erinnern kann. Sie ist auch immer mit uns umgezogen und gehört praktisch zur Familie.

Eigentlich wollten wir kein so großes Haus. Das Gebäude gehört dem Staat und die haben schon Jahre lang versucht, es zu verkaufen. Leider erfolglos. Das liegt wohl daran, dass es ursprünglich ein Hotel war. Dafür ist es aber aus baurechtlichen Gründen nicht mehr geeignet. Durch die Hanglage ist es zu gefährlich und entspricht nicht den aktuellen Vorschriften. Die Balkonbrüstungen müssten umgebaut und die Fenster nachgerüstet werden. Die Umbaukosten würden in die Millionen gehen. Als Villa ist es eigentlich viel zu groß. Aber als vorübergehende Unterkunft für uns ist es gerade recht. Zum Glück müssen wir den Unterhalt des Hauses nicht selbst bezahlen.

Zur Leitung des Institutes gehört ein Haus dazu, das war direkt neben dem Institut neu gebaut worden, hatte aber erhebliche Baumängel und wird wohl erst in ein bis zwei Jahren fertiggestellt. So wurde uns, quasi als Notunterkunft, diese bescheidene Bleibe angeboten. Mein Vater meinte, dass das als Zwischenlösung ganz brauchbar wäre.“

„Wow, so eine Notunterkunft wollte ich auch mal gerne. Ich wohne noch im Studenten-Wohnheim. Da muss ich bald raus. Steht noch irgendwo so eine Bude zur Verfügung?“

„Du musst mal mit meinem Vater reden. Für die Institutsmitarbeiter gibt es eine kleine Siedlung, vielleicht ist da noch eine Wohnung verfügbar. Sonst könnten wir Dich vielleicht auch bei uns einquartieren, Zimmer gibt es genug, das war ja, wie bereits gesagt, vorher ein Hotel.“ Suzan blieb vor einer Glasfront stehen und drückte auf einen Knopf.

Hinter dem Glas ging das Licht an und die Glasfläche schob sich zur Seite. Jan erkannte erst jetzt, was sich dahinter verbarg. Ein riesiger Pool von bestimmt 20 m Länge und 10 m Breite, wie er auch zu einem öffentlichen Schwimmbad gut passen würde. Über dem Pool war alles komplett verglast. Man konnte den Vollmond sehen und am wolkenfreien Himmel blinkten die Sterne. Jan staunte.

Zuerst über den Pool, dann über Suzan die begann, sich auszuziehen. „Was hast Du vor?“, fragte er sie. „Nach was sieht es denn aus?“ Suzan lachte und warf ihm ihr T-Shirt über den Kopf. Jan war etwas verwirrt „Du willst jetzt schwimmen?“ „Ja klar, Du nicht?“ „Ja, das wäre schon lustig, aber ich habe keine Badesachen dabei!“ Suzan lachte „wir schwimmen nackig. Oder bist Du verklemmt?“

Akku 2.0 - Kapitel 5

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Akku 2.0 – Kapitel 1

Kapitel 1 – Vorstellungsgespräch

Seit ein paar Tagen hatte Jan seinen Master in Chemie in der Tasche.

Eigentlich wollte er nach seinem Studium eine Auszeit nehmen und als Rucksacktourist durch Asien reisen. Er hatte schon lange von einer Weltreise geträumt und besonders China hatte es ihm angetan. Die fernöstliche Lebensweise gefiel ihm und die andersartige Kultur zog ihn irgendwie an.

Aber er wollte auch einen Job in der Erforschung von Zukunftstechnologien und die Zahl attraktiver Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien waren leider, durch den Zickzack-Kurs der Bundesregierung, während seiner Studienzeit arg geschrumpft.

Als dann bekannt wurde, dass direkt neben seiner Uni ein neues Forschungsinstitut eröffnet werden sollte, hatte er sich sofort beworben.

Deswegen saß Jan gerade im Vorzimmer von Professor Schmidt. Schmidt war der Leiter des neuen Instituts zur Erforschung von Speichertechnologien, das die Regierung als Leuchtturmprojekt ausgewählt und gefördert hatte.

Einhundert neue Arbeitsplätze in der Spitzenforschung sollten hier geschaffen werden. Auf diese 100 Stellen gab es über 3000 Bewerber.

Jan hatte sich zuvor noch nie irgendwo beworben und wusste nicht genau, was da auf ihn zu kam. Immerhin hatte er es durch die Vorauswahl geschafft und war zu einem persönlichen Gespräch eingeladen worden.

Aufgeregt saß er in einem großen, weichen Polstersessel und wartete darauf, aufgerufen zu werden. Dann öffnete sich die Tür und endlich wurde er hereingebeten.

Jan trat mit klopfendem Herzen in den Raum. Professor Schmidt begrüßte ihn persönlich. Der Professor sah jünger aus, als Jan ihn sich vorgestellt hatte. Ein sportlicher Typ von ungefähr 60 Jahren, schlank und hochgewachsen. Nur die Haare waren schon ziemlich licht und schneeweiß. Kleine, verschmitzte Augen versteckten sich hinter einer dicken Hornbrille.

Lächelnd streckte Professor Schmidt Jan die Hand entgegen. „Willkommen in unserem Institut. Ich bin Professor Erich Schmidt und das hier ist meine Assistentin Suzan“. Er zeigte auf eine junge Frau mit leicht asiatischen Gesichtszügen, die sich eifrig auf einem Tablet Notizen machte und Jan freundlich anlächelte.

Jan fühlte sich wie vom Blitz getroffen. Da saß seine Traumfrau. Das brachte ihn total aus dem Konzept. Alle Texte, die er sich zuvor überlegt hatte, alle Szenarien, wie das Vorstellungsgespräch ablaufen würde, waren auf einmal aus seinem Kopf verschwunden. Ihm wurde heiß. Ein Gefühl breitete sich in seinem Körper aus, das allerdings für ein Vorstellungsgespräch genauso wenig förderlich war, wie die Aufregung davor.

In jeder anderen Situation hätte er sich gefreut, Suzan kennenzulernen, aber hier im Vorstellungsgespräch war das der denkbar unpassendste Moment für die Gedanken, die von ihm Besitz ergriffen hatten.

Die Fragen des Professors beantwortete er wie in Trance. Sein Kopf schien mit Watte gefüllt. Jan konnte keinen klaren Gedanken fassen. Erst als der Professor aufstand und ihm die Hand reichte, mit den Worten „Vielen Dank für Ihre Vorstellung. Sie hören von uns“, fand er wieder in die Realität zurück.

Jans Gehirn hatte einen Totalausfall. Er konnte sich an die 10 Minuten des Vorstellungsgesprächs nicht mehr erinnern. Es war ein kompletter Blackout! Aber er wusste, dass „Sie hören von uns“ gleichzusetzen war, mit einer Absage.

Frustriert verabschiedete er sich und verließ den Raum.

Ein weiteres Gefühl machte sich in im breit und das kannte er zu gut. Wut! Er ärgerte sich über sich selbst, dass er das Vorstellungsgespräch so komplett vergeigt hatte. Ja, es musste wohl so sein, denn, egal wie sehr er sich auch anstrengte, sich zu erinnern, die 10 Minuten waren weg. Wäre es gut gelaufen, dann müsste er das doch wissen.

Diese Suzan hatte ihn völlig aus der Bahn geworfen. So etwas war ihm vorher noch nie passiert. Mit einem Mal wusste er genau, was er wollte. In diesem Institut arbeiten, mit Suzan und nichts anderes. Aber jetzt war es zu spät. Nur ein paar Minuten, in denen sein Leben total aus der Spur geraten war. Jan konnte es nicht fassen.

Er hatte versagt.

Als Jan am nächsten Tag einen Brief von Professor Schmidt erhielt, wollte er diesen ungelesen entsorgen. Aber irgendetwas in ihm drängte ihn dazu, das Schreiben zu öffnen und die vernichtende Absage zu lesen.

Er hielt die Luft an und öffnete den Brief.

Um so erstaunter war er, als er die Zeilen las. Und nochmal las. Und noch ein drittes Mal: „Herzlichen Glückwunsch, ich freue mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass wir Sie als Mitarbeiter in unserem Forschungsteam ausgewählt haben.“ Persönlich unterschrieben von Professor Erich Schmidt.

Jan musste sich setzen. Er hatte eine Absage erwartet, aber das Gegenteil war eingetreten. Er war nicht nur in das Institut aufgenommen worden, sie wollten auch, dass er direkt in der Arbeitsgruppe des Professors arbeitete. Damit hatte er nicht gerechnet. Verzweifelt versuchte er sich erneut an das Vorstellungsgespräch zu erinnern. Wodurch hatte er sie wohl überzeugt? Die 10 Minuten im Büro des Professors waren wie ausradiert. Das einzige, an das er sich erinnern konnte, war diese Suzan und der Satz des Professors „Sie hören von uns“.

Er versuchte sich einzureden, dass er wohl sehr überzeugend gewesen sein musste. Aber die Ungewissheit nagte an ihm. Trotz allem war er glücklich, er hatte erreicht was er wollte. Am kommenden Montag sollte es losgehen. Jan freute sich riesig auf seine neue Arbeitsstelle.

Akku 2.0 - Kapitel 1

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Akku 2.0 – Kapitel 26

Kapitel 26 – Mutter

Kurze Zeit später wurden sie abgeholt und in der Tat handelte es sich um einen beeindruckenden Konvoi aus 3 gepanzerten Fahrzeugen und 2 Motorrädern. Das vordere und hintere Auto war jeweils ein Militärfahrzeug, mit 4 bewaffneten Sicherheitsleuten besetzt. In der Mitte befand sich ein großer, schwarzer VAN mit getönten Scheiben, durch die man nicht ins Innere sehen konnte. Sie durften in das mittlere Fahrzeug einsteigen und kaum hatten sich die Türen geschlossen, ging es auch schon los.

Jan staunte, wie organisiert die Fahrt ablief. Die beiden Motorradfahrer fuhren immer voraus und sperrten Kreuzungen ab, bis die Autos vorbei waren. So hatten sie immer Vorfahrt und kamen recht schnell voran. Trotzdem war es eine weite Strecke und es dauerte über 2 Stunden, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Es handelte sich um ein riesiges Gebäude, dem man schon aus der Ferne ansah, dass es der Regierung gehörte.

Dort angekommen, stiegen sie aus und wurden in einen großen, geschmackvoll eingerichteten Raum geleitet. Suzan wippte vor Aufregung von einem Bein auf das andere. Jan bewunderte die antiken Kriegerfiguren aus Ton, die zur Dekoration im Raum standen und gut ein Museum füllen könnten.

Nach kurzer Wartezeit kam eine festlich gekleidete Chinesin in den Raum, die mit ausgestreckten Armen auf sie zu lief „Meine liebe Suzan, endlich sehen wir uns. Ich habe so lange auf diesen Augenblick gewartet und nun bist Du tatsächlich hier.“

Jan sah wie Suzan erstarrte. Er trat einen Schritt näher an sie heran und frage leise „was ist los?“ Suzan zeigte abweisend auf die Frau und sagte laut „Das ist nicht meine Mutter!“

Die Frau blieb vor ihnen stehen. Jan schaute Suzan ungläubig an „Bist Du Dir sicher?“

Suzan nickte „Ich habe nur alte Fotos von Dad und Bilder aus dem Internet. Diese Frau ist meiner Mutter sehr ähnlich, aber sie ist es nicht. In den Briefen, die sie mir geschrieben hat, da hat sie mich auch niemals Suzan genannt. „

Plötzlich hörten sie hinter sich eine fragende Stimme „Su?“

Suzan und Jan drehten sich erschrocken um. Hinter ihnen hatte eine weitere Frau den Raum betreten. Sie war schon etwas älter. Jan schätzte sie auf ungefähr Mitte 50. Am meisten beeindruckte ihn jedoch ihr Äußeres. Tatsächlich gab es beim ersten Hinsehen eine leichte Ähnlichkeit mit der anderen Frau, aber diese Person vor ihnen hatte eine ganz andere Ausstrahlung. Hier stand keine Arbeiterin vor ihnen, sondern eine Frau die Macht und Stärke ausstrahlte.
Was Jan allerdings besonders verblüffte: Sie sah aus, wie die ältere Schwester von Suzan.
„Mum?“ Jan sah, dass Suzan Tränen über die Wangen liefen. Dann fielen die beiden Frauen sich schluchzend in die Arme.

Suzan fand zuerst ihre Fassung wieder „Jan, das ist meine Mutter, Gracia Wong. Mum, das ist Jan, mein Freund“.

Gracia Wong streckte ihm beide Hände entgegen, dann umarmte sie ihn „vielen Dank, dass Du mir meine Tochter gebracht hast.“

Gracia löste sich von Jan und wischte sich die Tränen ab „Ich musste sicher sein, dass Du es bist, Su. Wir leben in unsicheren Zeiten. Daher haben wir eine Doppelgängerin vorgeschickt. Man kann nie sicher sein.“ Gracias Gesicht begann zu strahlen. „Was haltet Ihr davon, wenn wir uns zum Mittagessen begeben? Wir haben uns so viel zu erzählen.“

Suzan und Jan nickten, die letzte Mahlzeit war schon ewig her. In der Aufregung hatten sie es nicht bemerkt, aber jetzt machte sich bei beiden ein großer Hunger bemerkbar. Die drei verließen gemeinsam den Raum, gefolgt von mehreren Bodyguards und Bediensteten.

Beim Essen ließ sich Gracia von Suzan aus ihrem Leben erzählen. Sie konnte nicht genug davon hören, wie Suzan aufgewachsen war, wie es ihr in all den Jahren ergangen war und was sie und ihr Vater alles erlebt hatte. Ab und zu rollte eine Glücks-Träne über Gracias Wangen.

Akku 2.0 - Kapitel 26

511 – Vertraue Niemandem – Vorschau

Hier gibt es einen kleinen Blick in mein Buch.
Kapitel 1-4 zum Reinlesen. Viel Spaß!

511 - Vertraue Niemandem - Vorschau

Kapitel 1 – Am Bahnhof
Die große alte Uhr des Stuttgarter Bahnhofs stand auf 5 Uhr 11 als Hannes Meier den Bahnsteig betrat.
Er zuckte kurz zusammen, dann schaute er auf seine Armbanduhr und entspannte sich wieder.
3:30 zeigte seine Funkuhr. Darauf konnte er sich verlassen. Hannes war zwar Informatiker, aber von modernen Smartwatches hielt er nicht viel.

Er wollte nicht, dass alle seine Bewegungen getrackt und ins Internet übertragen werden. Außerdem war die Laufzeit dieser modernen
Spielzeuge lächerlich gering. Deswegen war er stolz auf seine alte Uhr die mit einem kleinen Akku und einer Solarzelle im Ziffernblatt seit
Jahren ohne externes Nachladen und ohne Batteriewechsel funktionierte.
Dazu kam eine absolut zuverlässige Anzeige der Zeit die per Funk von der Atomuhr in Braunschweig ausgestrahlt wurde.
Die Bahnhofsuhr musste irgendwann stehen geblieben sein. Vielleicht war auch einfach bei der Renovierung vergessen worden sie abzureißen. Seit Hannes sich erinnern konnte wurde an diesem Bahnhof gebaut und ein Ende war nicht in Sicht. Er hatte mit seinen Freunden
Wetten am Laufen, ob der Stuttgarter Bahnhof oder der Berliner Flughafen früher fertiggestellt sein würden.
Unter seinen Freunden stand S21 für „21 Jahre später als geplant“.
Hannes Meier war ein schlaksiger junger Mann von 24 Jahren. Mit seinen sonst immer freundlich leuchtenden blauen Augen blickte er
so früh am Morgen müde in der Bahnhofshalle umher.
3 Uhr 30 war sonst eher die Zeit, zu der er zu Bett ging, das war nicht seine Zeit um aufzustehen. Und um zu verreisen, passte es schon gar nicht.
Aber bald würde er hoffentlich im Zug etwas schlafen können.
Um 3:50 sollte der ICE abfahren, mit dem er seine Reise antreten wollte.
Allerdings war bisher weit und breit nichts von diesem Zug zu sehen. Es war überhaupt kein Zug am Bahnhof. Der Bahnsteig lag verlassen vor ihm.
Hoffentlich war er am richtigen Gleis. Die Pläne und Anzeigen der Bahn stimmten nicht immer mit den tatsächlichen Gegebenheiten überein. Oft wurden per Lautsprecher kurzfristige Änderungen durchgesagt.
Aber heute umgab ihn Totenstille. Als ob die Baustelle vor Vollendung des Bahnhofs aufgegeben worden wäre. Leider war auch niemand unterwegs den er hätte fragen konnte. Er kam sich sehr verlassen vor, zwischen all den Gleisen, Bauzäunen und Maschinen auf dieser riesigen Fläche.
Auch wenn er sonst eher der Einzelgänger war, hier am Bahnhof wünschte er sich doch etwas mehr als die leere halbfertige Halle über den Schienen. Nur ein paar verirrte Tauben flogen ab und zu leise gurrend durch das große unterirdische Gebäude.
Ein seltsames Gefühl durchflutete seinen Körper. War es Angst? Müdigkeit? Oder eine Mischung aus Beidem?
Egal. Er hatte es angefangen, jetzt musste er durch.
Zurück konnte er sowieso nicht mehr.
Er war in einer dringenden Angelegenheit unterwegs nach Hannover.
Dort gab es einen Fachverlag für Computertechnik, den er unbedingt persönlich aufsuchen wollte.
Als Informatikstudent hatte er an einer Semesterarbeit über Künstliche Intelligenz (KI) gearbeitet. Die Arbeit war zwar beendet, aber das Thema hatte Hannes derart fasziniert, dass er in seiner Freizeit daran weiter forschte und das System weiterentwickelte und verbesserte.
Nach seinem Online-Zähler gerechnet war er die letzten 4 Semester mittlerweile länger online am Computer als im realen Leben unterwegs. Das Thema KI hatte ihn vollständig in seinen Bann gezogen.
Von den Vorlesungen besuchte er nur noch die Allernötigsten. Ansonsten bestand sein Leben fast nur noch aus Nahrungsaufnahme, Schlafen und seinem Projekt.
Dabei machte er erstaunlich rasche Fortschritte.
Natürlich wusste er von der Existenz kommerzieller KI-Projekte und deren erstaunlichen Fähigkeiten. Aber wenn man die Systeme näher analysierte, kam man doch immer sehr schnell an den Punkt, an dem man erkennen konnte, dass es sich keineswegs um Intelligenz handelte.
Alle Programme arbeiteten immer nur stumpf Regeln und Prozeduren ab. Egal wie schlau sie einem Anwender vorkamen, sie waren im
Grunde genommen doch ziemlich dumm.
Eine Steigerung der gefühlten Intelligenz basierte immer nur auf noch mehr Rechenleistung oder einer größeren Datenmenge die zur Verfügung stand.
Selbstlernende Software war der Heilige Gral der Informatik. Aber alle bisherige Programme blieben doch sehr speziell auf einzelne Probleme zugeschnitten. Von wirklicher Intelligenz war man noch sehr weit entfernt.
Bei seiner eigenen KI-Software, er nannte sie EVE (seine Abkürzung für Erste Virtuelle Existenz), hatte er jedoch irgendwann das seltsame Gefühl, dass sich das System selbständig entwickelte.
Er war immer mehr davon überzeugt, dass die Software ein Eigenleben hatte. Sie reagierte auf Eingaben dermaßen intelligent, dass er sie kaum noch von realen Menschen unterscheiden konnte.
Es gab Aktivitäten, die weder programmiert waren, noch sich durch die verwendete Datenbasis erklären ließen. Als würde EVE selbständige Überlegungen anstellen und eigene Schlussfolgerungen daraus ziehen.
Hannes war sich nicht sicher, ob es daran lag, dass seine KI kurz davor war ein Bewusstsein zu erlangen oder einfach, weil er kaum noch mit realen Menschen kommunizierte.
Und wenn er das tat, dann nur noch über Webseiten und Messenger-Dienste. Direkte menschliche Kommunikation wurde ihm immer fremder. So war es schwierig für ihn, die Entwicklung seiner Software einzuschätzen. Er war an einem Punkt angekommen an dem er Hilfe benötigt. Er musste sich an irgend jemanden wenden der EVE objektiv überprüfen konnte. Jemand der einen Turing-Test mit ihr durchführte und ihr Aufgaben stellte die ihre Fähigkeiten auf die Probe stellen würden.
Sollte die von ihm entwickelte KI wirklich ein Bewusstsein entwickelt haben, dann wäre das eine Sensation.
Damit wäre die technische Singularität in Reichweite.
Ein Punkt, an dem die technische Intelligenz die des Menschen erreicht hätte und – viel bedeutender noch – ab diesem Zeitpunkt vermutlich in rasanter Geschwindigkeit über die Menschheit hinauswachsen würde.
So etwas konnte er nicht mit irgendwelchen Internet-Freunden besprechen, das Thema war zu heiß.
Seine Professoren würden das Projekt vermutlich einkassieren und als Leistung der Universität darstellen.
Schließlich hatte er das Uni-Netzwerk gehackt und nicht unerhebliche Rechenkapazitäten aus dem Rechenzentrum heimlich für seine Zwecke umgeleitet.
Mittlerweile gab es bereits Untersuchungen der Universität, warum mehrere Supercomputer weit hinter ihrer theoretischen Leistung zurückblieben.
Bisher konnte er sein Projekt noch verstecken, aber er war sich nicht sicher wie lange das noch gut ging.
Sollte er sich an einen Professor wenden, würde sein Spiel sofort auffliegen. Das war leider keine Option.
Wer weiß, was das für Folgen haben würde. Der Verweis von der Uni wäre da noch das geringste Problem. Die rechtlichen Konsequenzen und finanziellen Forderungen für die abgezweigte Rechenleistung dürften weit schlimmer sein, vielleicht würden sie ihn dafür auch einsperren.
Computersabotage war seit ein paar Jahren immerhin ein Straftatbestand.
Das schlimmste wäre natürlich die Aberkennung aller Rechte an seinem Projekt. Sollte seine KI-Software wirklich ein Bewusstsein entwickelt haben, dann wäre das bestimmt mindestens einen Nobelpreis wert.
Den konnte er sich unter keinen Umständen entgehen lassen.
Hannes träumte gerne von Ruhm und Anerkennung. Aber vorerst hatte er andere Probleme zu meistern.
Vor der Veröffentlichung durften andere Personen von seinem Projekt nichts erfahren. Sollte es sich wirklich um ein künstliches Bewusstsein handeln, dann hätten sicher viele Parteien daran Interesse.
Er wollte sich gar nicht vorstellen, welche fiesen Organisationen sich dann an ihn heften würden. Dafür hatte er schon zu viele Thriller gelesen. Mafia, internationale Konzerne oder staatliche Organisationen. Ein Gedanke erschreckender als der andere. Er musste sein Proj ekt im Geheimen von zuverlässigen Stellen überprüfen lassen und durfte erst an die Öffentlichkeit, wenn er hundertprozentig sicher war, dass er mit seiner Vermutung Recht hatte.
Die Veröffentlichung musste dann mit einem Paukenschlag erfolgen, damit alle Welt gleichzeitig davon erfahren könnte. So sollte sichergestellt sein, dass niemand die alleinige Kontrolle über das System erlangen konnte.
Ein solches Programm würde ungeheure Macht in die Hand derjenigen legen die es kontrollierten.
Verhindern konnte er die Veröffentlichung nicht. Wenn er sein Projekt nicht der Welt vorstellte, irgendjemand würde sicher bald eine ähnliche Arbeit fertigstellen. Oder vielleicht gab es ja bereits etwas Vergleichbares?
Aus diesem Grund musste er nach Hannover zu diesem Computerverlag. Dort erhoffte er sich kompetente Ansprechpartner zu finden, denen er sein Projekt vorstellen konnte. Immerhin gab es dort auch eine anonyme Ansprechstelle für Whistleblower. Er hatte zwar keine Staatsgeheimnisse zu verraten, aber war seine Entdeckung nicht etwas ähnlich Bedeutungsvolles?
Hoffentlich nahm man ihn dort ausreichend ernst und machte sich nicht über ihn lustig. Er hatte keine Idee, an wen er sich sonst wenden könnte.
Es blieb ihm keine andere Wahl.
Wenn er falsch lag, machte er sich höchstens lächerlich und hatte immerhin etwas für sein Leben gelernt. Falls er aber recht hatte, dann war das eine Sensation. Über die normalen
Kommunikationskanäle konnte er sein Projekt nicht offenlegen.
Jeder wusste seit Wikileaks und Edward Snowden, dass es keine sichere
Kommunikation über das Internet gab. Zumindest keine mit der er irgendjemanden erreichen konnte dem er vertraute.

Er musste EVE aus dem Rechnernetz der Universität irgendwo anders hin verlagern. Die Untersuchungen der Universität kamen ihm zu schnell zu nahe. Das wurde ihm zu heiß. Die Software musste von außen erreichbar sein, durfte aber trotzdem von niemandem außer ihm selbst gefunden werden. Das war eine ziemlich heikle Sache. Da durfte er keine Fehler machen.
Aber für einen einzelnen PC war die Software bei weitem zu groß. Entwickelt auf dem Supercomputer-Netz der Uni waren es mittlerweile mehr Daten als ein einzelner Computer speichern konnte. Als Ausweg blieb nur eine Cloud.
Eigentlich war ihm nicht ganz wohl dabei, sein System im Internet zu verstecken. Jedes Gerät, das mit dem Internet verbunden war, musste quasi bereits als kompromittiert angesehen werden. Das heißt, alles, was am Internet hängt, lässt sich hacken und muss auch so betrachtet werden, als wäre es bereits gehackt worden.
Absolute Sicherheit gibt es nicht.
Konnte er sein System in so einem unsicheren Umfeld verstecken?
Leider hatte er keine andere Wahl.
Die Alternative war nur EVE, zu löschen. Und das kam nicht infrage. Kommerzielle Clouds konnte er sich in der benötigten Größe nicht leisten. Glücklicherweise war er früher schon oft auf fremden Systemen unterwegs und wusste wie man unauffällig Rechner knacken konnte. Er musste einen Weg finden, seine Daten zumindest für die nähere Zukunft so im Netz zu verstecken, dass niemand außer ihm Zugriff darauf hatte.
Die Lösung waren Script-Kiddies. Das sind Leute, die mit im Darknet erhältlichen, anwenderfertigen Schadprogrammen fremde Rechner angreifen, ohne wirklich Ahnung zu haben.
Deren Server waren meistens selbst nicht besonders gut gesichert, boten aber Zugriff auf extrem viele Systeme die bereits von Trojanern befallen waren.
Er musste also nichts weiter tun als sich mit dranzuhängen. Allerdings hütete er sich davor, diese Server zu übernehmen, er wollte niemanden misstrauisch machen. Nur ein bisschen von jedem System zweigte er für sich ab.
Dadurch konnte er recht schnell ausreichend fremde Rechenkapazität für EVE zusammenstellen. Ob die übernommenen Rechner virtuelles Geld schürften, automatisiert weitere Rechner angriffen oder einfach nur für sein Projekt rechneten, das merkten die betroffenen Anwender nicht.
Dafür hatte er seine EVE so im Netz verteilt und versteckt, dass er jederzeit darauf zugreifen konnte.
Einfache Anwender waren in seinen Augen sowieso nur Internetausdrucker, Menschen ohne irgendeine Ahnung von moderner
Technik.
So standen ihm nach nur einem Abend bereits hunderte Rechner zur Verfügung. Das sollte ausreichen, für eine Demo-Installation und für die sichere Zwischenlagerung von EVE.
Es war Zeit, sein Projekt aus dem Uni- Rechnernetz zu entfernen. Allerdings musste auch der Ausstieg langsam und behutsam erfolgen. Sonst würde auffallen, wenn auf einen Schlag die gesamte Rechenkapazität wieder vorhanden wäre.
Er installierte verschiedene Spiele und Testprogramme auf den gehackten Accounts. Anwendungen, die einfach nur Rechenzeit fraßen, teilweise ließ er die Großrechner Bitcoins und andere Cyber-Währungen berechnen. Je weniger Kapazität EVE im Uni-Netzwerk benötigte, desto mehr Müllprogramme liefen. Niemand bemerkte den Austausch.
Erst im letzten Augenblick hatte er für seine Zwecke zusätzliche Benutzer eingerichtet, die es an der Fakultät nicht gab. Ansonsten hätte es für die gehackten User sicher mächtig Ärger gegeben, wenn sie hätten erklären sollen, warum unter ihrem Namen Bitcoins auf einem Supercomputer geschürft werden. Er wollte ja eigentlich niemandem schaden. Es ging ihm nur um sein Projekt.
Nachdem er die Daten und die Rechenlast seiner EVE durch viele sinnlosen Programme ersetzt hatte, löschte er alle Spuren. Dann startete er mehrere Timer welche die Programme nach und nach beendete und immer mehr Rechenzeit zurückgeben sollten bis nichts mehr von seiner Existenz auf den Großrechnern zu finden war.
Ganz zum Schluss koppelte er sich ab und schaltete seinen Rechner aus. Keiner konnte seine Spuren finden, da war er sich sicher.
EVE war jetzt im Internet. Verteilt auf viele Rechner, unauffindbar für Menschen, die davon nichts ahnten. Und nur er wusste, wie er Verbindung aufnehmen konnte.
So stand er nun also 3 Tage nachdem er offline gegangen war verlassen auf dem Stuttgarter Bahnhof. Hatte er alles richtig übertragen? Alle Spuren verwischt?
Kann irgendwer außer ihm EVE im Internet finden? Sein Projekt lag verteilt auf hunderten Computern, niemand würde von seiner
Existenz erfahren, wenn er nicht bereits davon wusste.
Und nur er hatte die Information, wie er Zugriff darauf erlangen könnte.
Aber er war sich auch im Klaren darüber, dass selbst die besten Computerfreaks Fehler machten. Und er wusste, dass er nicht der Beste war, eher nur Mittelmaß. Diese Unsicherheit nagte an ihm.
Während er in seiner Müdigkeit alleine auf dem Bahnhof stand, die Schwellen unter den Schienen zählte und überlegte, ob er alle Spuren vollständig beseitigt hatte, bemerkte er, dass er doch nicht so alleine war, wie er gedacht hatte.
Zwei Männer in langen Mänteln liefen durch den Bahnhof.
Belustigt dachte er daran, dass nur noch Schlapphüte fehlten, damit es typische Agenten, wie aus einem billigen Film, wären. Aber dann bemerkte er, dass die Männer auf ihn zukamen. Auf einmal war er hellwach. Panik brach in ihm aus. Hatte er einen Fehler begangen?
Wollten sie zu ihm, wegen EVE? Sonst war niemand auf dem Bahnsteig.
Was konnte er tun? Davonlaufen?
Wenn die Männer nur zufällig an ihm vorbei wollten, wäre das sicher lächerlich. Wenn sie es wirklich auf ihn abgesehen hätten, dann hätte er wahrscheinlich sowieso keine Chance, er war zu oft vor dem Computer gesessen, Sport war nie seine Stärke. Beim Weglaufen wäre er schnell außer Puste gewesen.
Und zu allem Übel sah er nun, dass aus der anderen Richtung zwei weitere Männer auf ihn zukamen. Über das Gleis flüchten? Keine
Chance. Dann war es auch schon zu spät. Die beiden Männer, die er zuerst entdeckt hatte, standen nun direkt vor ihm. Einer der beiden räusperte sich und fragte ihn dann: „Sind Sie Hans Meier?“

Kapitel 2 – Entführung

Hannes erschrak. Niemand nannte ihn Hans. Das war zwar sein richtiger Name und stand auch so in seinem Ausweis, aber alle nannten ihn Hannes. Das klang einfach moderner, cooler und so hatte es sich im Laufe der Zeit einfach ergeben.

Hans. Das war zu viel für ihn. 3 Uhr 40 in der Früh. Er saß in der Falle.

Mit einem Klos im Hals erwiderte er: „Wer will das wissen?“

Der Mann im dunklen Mantel wiederholte seine Frage. Oder vielleicht war es auch der andere? Eigentlich war das auch egal.

Die beiden sahen sich ähnlich wie Zwillinge. In der Dunkelheit des Bahnsteigs waren ihre Gesichter nur schemenhaft zu erkennen.

Beide waren mindestens einen Kopf größer als er und ganz offensichtlich ziemlich durchtrainiert. Beide mit einem Überraschungsangriff umhauen und dann davonlaufen war keine Option, das würde sicher schief gehen.

Vermutlich würde er sich beim Zuschlagen eher die Finger brechen als, dass einer der beiden überhaupt eine Reaktion darauf zeigen würde. Und dann waren da noch die anderen beiden Agenten, die mittlerweile ebenfalls neben ihm standen.
Vier durchtrainierte Muskelberge gegen Hannes. Das war unfair.

Ja, das mussten Agenten sein. Wer sonst kam in solcher Aufmachung nachts durch den Bahnhof, nur um ihn zu fragen ob er Hans Meier sei.

CIA? FBI? Oder doch nur der BND? Er war in einer aussichtslosen Lage.

„Wer sind Sie?“ fragte Hannes. Erneut kam als Antwort nur die dritte Wiederholung der Frage: „Sind Sie Hans Meier?“

Mit zittriger Stimme antworte er: „Ja, das bin ich. Was wollen Sie von mir? Wer sind Sie?“

Einer der Agenten sagte darauf: „Wir sollen Sie abholen, es ist wichtig!“

Hannes überlegte fieberhaft was die Typen wohl von ihm wollten. Wenn es um EVE ging war er vermutlich erledigt. Von der Uni waren die 4 nicht, das war klar. Wäre sein Treiben dort entdeckt worden hätte man sicher nur die Polizei auf ihn angesetzt was schlimm genug wäre.

Aber diese Muskelprotze in Agentenoutfit lagen jenseits dessen was er sich in seinen schlimmsten Alpträumen vorgestellt hatte.

Wie waren sie ihm auf die Schliche gekommen? Welche Fehler hatte er gemacht? Es wollte ihm einfach nicht in den Sinn kommen wie er sich verraten hatte.

Um so schlimmer waren die Gedanken die ihm jetzt durch den Kopf schossen was diese Männer mit ihm vor hatten.

War es die Mafia? Dann würden sie ihm wohl nach und nach jeden Finger einzeln abschneiden bis er den Zugang zu EVE freigab.

CIA? Die würden ihn ausfliegen, vielleicht nach Guantanamo. Vermutlich würden Sie Waterboarding anwenden. Eine Technik, bei der ihm mit einem Sack über dem Kopf Wasser ins Gesicht geschüttet würde, bis er das Gefühl hätte ertrinken zu müssen. Auch keine schöne Vorstellung.

„Habe ich eine Alternative?“, fragte Hannes.

Der Agent, der auch bisher gesprochen hatte, antwortete: „Es wäre für alle von Vorteil, wenn Sie uns unauffällig begleiten würden.“

Hannes lies einen kurzen Blick über den Bahnsteig schweifen. Kein Mensch war weit und breit zu sehen, ein Auffallen war kaum möglich. Aber das war vermutlich ein antrainierter Standardsatz.

Mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern ergab er sich seinem Schicksal.

Die Gruppe setzte sich in Bewegung. 2 Agenten vor Hannes, 2 hinter ihm.

Sie legten ihm weder Handschellen noch Fesseln an, aber ein Entkommen schien sowieso unmöglich.

Nach einem kurzen Marsch verließen Sie den Bahnhof.

Vor dem historischen Portal das nicht dem Neubauprojekt zum Opfer gefallen war standen nur 3 einsame Taxen. Dahinter ein schwarzer VW-Bus. „Genau so habe ich mir eine Entführung durch Geheimdienste immer vorgestellt“ dachte Hannes verzweifelt.

Seit die grüne Regierung Autos in der Innenstadt verboten hatte gab es hier nur noch Fußgängerzonen.
Fremde Autofahrer zu denen er flüchten konnte waren keine vorhanden. An der Bushaltestelle war gähnende Leere, die ersten Fahrten des Tages starteten erst gegen 6 Uhr.

Das mussten welche von der Regierung sein. Alles andere wäre viel zu auffällig. Das Fahrverbot in der Innenstadt wurde streng überwacht. Einfahrt gab es nur für Behördenfahrzeuge.

Polizisten wären uniformiert oder würden sich zu erkennen geben, die Mafia würde nicht mit so einem auffälligen Fahrzeug kommen. Seine Entführer können nur von einem Geheimdienst sein dachte Hannes, aber welcher?

„Ach eine Sache noch – diese hier müssen Sie aus Sicherheitsgründen leider aufsetzen“ sagte der Wortführer der Agenten während er sich zu Hannes umdrehte und ihm eine hässliche schwarze Bommelmütze reichte. „Bitte komplett über die Augen ziehen, es ist zu Ihrer eigenen Sicherheit.“

Verwirrt und auch etwas angeekelt kam Hannes dem Befehl nach und zog die Mütze über den Kopf. Die Männer überprüften, dass er auch nichts sehen konnte, dann musste er in den Bus einsteigen.

Hannes wurde sorgfältig angegurtet, die Türen wurden geschlossen und die Fahrt ging los.

Hannes spürte wie der Motor gestartet wurde. Das Fahrzeug hatte einen Verbrennungsmotor. Antike Technik, aber immer noch weit verbreitet. Wenn das wirklich Agenten einer Behörde waren, dann musste das eine mit schlechter finanzieller Ausstattung sein oder sie wollten einfach nicht auffallen. Amerikaner waren das eher nicht. Die 4 Sätze die gesprochen wurden waren in reinem Hochdeutsch, kein Akzent. Das Fahrzeug war zu wenig protzig. Und überhaupt, die Behandlung war für eine Entführung überaus zuvorkommend.

Gut die Mütze roch ziemlich muffig und erschwerte das Atmen. Aber man hatte ihn bisher weder geschlagen noch ihm sonst irgendwie Gewalt angetan. Gefesselt und geknebelt war er auch nicht.

Außerdem war er höflich zum Mitkommen aufgefordert worden. Sehr ungewöhnlich, so hatte er sich eine Entführung nicht vorgestellt.

Diese Erkenntnis beruhigte Hannes aber in keinster Weise. Wohin führte die Reise? Was wollten die Männer von ihm? Wer hatte sie geschickt?

Er spürte, dass die Fahrt auf die Autobahn ging. Der bisherigen Strecke nach zu urteilen Richtung München. Karten konnte Hannes sich gut merken und er fuhr jede Kurve in Gedanken mit. Ja, das war eindeutig die Autobahn Richtung München.

Das Radio wurde eingeschaltet und es erklang Musik. Dann eine Verkehrsmeldung. Es war der öffentliche Sender, kein Privater. Siedend heiß fiel Hannes sein letzter Streich ein:

Während er programmierte hörte er immer Radio, dabei störten ihn die vielen Verkehrsmeldungen. Der Großraum Stuttgart war einfach zu voll. Zu viele Autos die aus allen Richtungen durch das Nadelöhr durch wollten. Jeden Tag Kilometerlange Staus.

An den Staus konnte er nichts ändern. Aber er hatte eine brillante Idee. Er schrieb dem Sender, dass es doch einfacher wäre die freien Strecken zu melden, dann wären die Ansagen nicht so lang und es gäbe mehr Zeit für Musik.

Leider fand der Sender die Idee anscheinend nicht so toll. Es gab weiter viele Staumeldungen und Hannes bekam nicht einmal eine Rückmeldung.

Das hatte seinen Stolz gekränkt und zur Rache knackte er das Verkehrsfunksystem des Senders. Dort platzierte er mehrere Fake-Staumeldungen die der Radiomoderator auch brav vorlas. Der konnte ja nicht ahnen, dass die Meldungen allesamt gefälscht waren und egal wie seltsam sie waren, sie kamen offensichtlich direkt von der Polizei.

So wurde an einem Tag vor einer Gruppe betrunkener Mönche gewarnt die sich am Aichelberg auf der Autobahn ein Bobbycar-Rennen lieferten – als Geisterfahrer wohlgemerkt.

An einem anderen Tag lief angeblich eine aus der Wilhelma ausgebrochene Elefantenherde über die B27.

Und ganz besonders stolz war er über die rüstige Oma die mit ihrem Rollator mit Düsenantrieb mehrere Polizeiabsperrungen auf der A81 durchbrochen hatte und mit Tempo 100 auf der Flucht war.

Klar, das war total unglaubwürdig. Aber es kam so im Verkehrsfunk-Ticker und der Sender musste das bringen.

Man kann ja nicht einfach eine Meldung unterdrücken nur weil seltsam klingt. Im Ernstfall hätte es ja sonst zu schweren Unfällen kommen können.

Die Meldungen waren so schräg, dass sie es sogar auf die Titelseiten mehrerer Zeitungen schafften. Der arme Sender musste sein Verkehrsfunksystem für mehrere Tage abschalten. Die Staus wurden dadurch zwar auch nicht weniger, aber immerhin gab es mehr Musik. Leider nur vorübergehend.

War das hier jetzt die Retourkutsche? Waren sie ihm auf die Schliche gekommen?

Er horchte auf irgendwelche verräterische Aktionen der Agenten. Waren es nur Schauspieler die ihm eins reinwürgen sollten?

Nein, dieser Gedanke erheiterte Hannes nur kurz. Danach kam das traurige Bewusstsein zurück. Ein Radiosender ist kein Spielkamerad. Selbst wenn sie ihm auf die Spur gekommen wären. Wieso sollten sie eine Entführung vortäuschen und ihn veräppeln. Die hätten eher einfach nur die Polizei geschickt und ihn festnehmen lassen. Das hier war keine Spass-Aktion sondern eine echte Entführung.

Aber von wem und wozu?

Hannes lauschte weiter und versuchte irgendetwas aufzuschnappen. Aber es gab keine Unterhaltung. Nur das Radio spielte weiter. Und dann verließen sie das Sendegebiet. Es wurde auf einen Bayerischen Sender umgeschaltet. Zumindest wusste Hannes jetzt sicher auf welcher Autobahn sie unterwegs waren. Das half ihm aber leider auch nicht weiter.


Kapitel 3 – die Entführer

Nach über 2 Stunden anstrengender Fahrt während der die Agenten weder untereinander ein Wort gewechselt noch mit ihm gesprochen hatten bemerkte Hannes, dass sie anscheinend die Autobahn verlassen hatten. Jedenfalls stand das Auto und er hörte das Klackern eines Blinkers.

Die anschließende Fahrt ging nur kurz weiter und der Wagen hielt erneut an. Diesmal konnte Hannes das Geräusch eines Fensterhebers erkennen und anschließend unverständliche Gesprächsfetzen.

Anscheinend waren sie kurz vor dem Ziel. Vermutlich die bewachte Einfahrt zu einem Gebäude oder Parkhaus.

Wieder ging es nur einige hundert Meter weiter bis zu einem quietschenden Garagentor.

„Erstaunlich“ dachte Hannes, wie bereits nach 2 Stunden mit verbundenen Augen die anderen Sinne geschärft waren um die fehlende Sicht auszugleichen. Die Mütze ging zwar auch über die Ohren, trotzdem konnte er recht gut hören was um ihn herum vorging.

Der Motor wurde abgestellt und die Türen geöffnet.
„Bitte aussteigen“ hörte er die Stimme des Agenten der auch schon am Bahnhof die Leitung übernommen hatte. Wieder wunderte er sich über den Ton der Stimme. Für eine Entführung viel zu freundlich. Ob das wohl ein Trick war um ihn zu beruhigen?

Sie liefen mit ihm einen langen Gang entlang, er konnte hören, dass mehrere Türen oder Durchgänge geöffnet und hinter ihnen wieder geschlossen wurden.

Dann waren sie anscheinend am Ziel, denn eine Hand legte sich auf seine Schulter und er wurde angewiesen stehen zu bleiben. „Hinsetzen“ hörte er den Agenten während ihm von hinten ein Stuhl gegen den Körper gedrückt wurde. Hannes setzte sich, nicht sicher ob er vor Angst zitterte oder ob es die Kälte im Raum war.

„Du kannst die Mütze jetzt abnehmen“. Diesmal war es eine andere Stimme.

Hannes nahm die Bommelmütze vom Kopf und blinzelte in das gleißende Licht von Neonröhren. Der Raum war leer, nur ein Tisch stand ihm gegenüber, dahinter saß ein etwas kleinerer, untersetzter Mann von vielleicht 60 Jahren mit einer dicken Hornbrille auf einem abgewetzten Sessel.
Die Agenten standen seitlich neben der Türe.

„Hallo Hannes“ sagte der Mann „ich darf Dich doch Hannes nennen? Wir sprechen uns hier alle mit den Vornamen an. Ich bin Arthur. Willkommen in unserer bescheidenen Zentrale.“

Hannes war verwirrt. Was sollte das? So hatte er sich ein Verhör nicht vorgestellt, das war eher ein Vorstellungsgespräch. Ein leise krächzendes Hallo kam aus seinem Mund. Der Mann der sich Arthur nannte fragte gut gelaunt „Wie war die Fahrt?“.

Hannes fühlte wie Ärger in ihm aufstieg, was sollte dieses Getue. Mit erregter Stimme erwiderte er: „Wie soll es mir schon gehen wenn ich morgens um 3:30 vom Bahnsteig weg entführt werde, einen Sack über den Kopf bekomme und über 2 Stunden durch die Welt gefahren werde ohne dass jemand mit mir redet. Nicht einmal etwas zu trinken habe ich bekommen. Ich habe eine Scheiß Angst, also wer sind Sie und was wollen Sie von mir?“
Mit den letzten Worten war Hannes immer lauter geworden.

Freundlich erwiderte sein Gegenüber: „Wie gesagt, Du kannst mich Arthur nennen, wir sind hier wie eine große Familie.
Du wurdest nicht entführt, Du bist freiwillig mitgekommen und das war kein Sack sondern eine Mütze“.

Hannes war sprachlos, dann setzte er an: „Aber dieser Gorilla sagte ich hätte keine Alternative und..“, „Hast er das gesagt?“ unterbrach ihn Arthur und blickte fragend zu seinen Agenten?Der Angesprochene räusperte sich und erwiderte schulterzuckend „Hannes hat gefragt ob er eine Alternative hätte worauf ich ihm geantwortet habe, dass es für alle das Beste wäre uns zu folgen.“ Da ist er freiwillig mitgegangen.

In Hannes Kopf begann sich alles zu drehen. Sie hatten ihn ausgetrickst, er hätte einfach davonlaufen können und sie wären ihm nicht gefolgt?
So einfach konnte das nicht sein. „Aber die Mütze“ stotterte er „ich musste sie über den Kopf ziehen und bin darunter fast erstickt und…“
„Das ist nicht korrekt“ unterbrach ihn der Agent „Ich sagte Aufsetzen und über die Augen. Nicht über das ganze Gesicht.“

„Aber“ stotterte Hannes, „warum haben Sie, warum hast Du mir das dann nicht gesagt? Und warum waren wir vorher per Sie und jetzt per Du? Was ist das für ein seltsames Spiel?“

Der Agent lächelte: „Wir hatten den Eindruck, dass es so viel einfacher wäre Dich zum Mitkommen zu bewegen und es hat ja ganz vortrefflich funktioniert. Das mit der Mütze war wichtig damit niemand sieht wen wir in den Bus einladen. Dass Du das Teil bis über das Kinn heruntergezogen hast fand ich lustig.
Dass Du darunter keine Luft bekommen hast – sorry – das ist mir nicht aufgefallen. Du hättest ja etwas sagen können“.

Hannes überlegte fieberhaft. Wo war er hier? War er wach oder träumte er nur? Versteckte Kamera? Er war ein Niemand, wieso sollten sie gerade ihn auswählen und entführen? War das ein Trick? Ein Streich von Freunden? Viel zu aufwändig.

Verwirrt schaute er Arthur an, dann holte er tief Luft und rief erregt: „OK, ich bin nicht entführt worden. Ihr habt mich reingelegt. Aber was um Himmels willen soll das alles, warum soll niemand wissen, dass ich in Euren Bus eingestiegen bin und was wollt Ihr von mir. Ist das ein Spiel?“

Arthur wartete bis Hannes etwas ruhiger wurde, dann antwortete er: „Das ist kein Spiel sondern unser voller Ernst. Du wurdest ausgewählt und…“
„Wozu ausgewählt? Von wem ausgewählt? Soll ich die Welt retten oder was?“ schrie Hannes dazwischen.
Arthur schaute ihm in die Augen und erwiderte knapp „Ja“

Hannes schaute verwirrt : „Was ja?“
„Du sollst uns helfen die Welt zu retten.“
Hannes war platt. Er war von 4 Typen die aussahen wie Agenten entführt worden oder wie sie behaupteten freiwillig mitgegangen und nun saß er diesem Typen gegenüber der ihn ansprach als wäre er sein Vater und der ihm lächelnd ins Gesicht sagte er sollte die Welt retten?

„Hier muss ein Missverständnis vorliegen“ krächzte er „wieso sollte ausgerechnet ich die Welt retten, ich bin kein Superheld, habe keine Superkräfte, warum gerade ich?“

„Tatsächlich gibt es ein Missverständnis“ sagte Arthur „Du sollst die Welt nicht alleine retten. Du sollst uns helfen die Welt zu retten. Als Teil unseres Teams. Du wurdest uns empfohlen und wir haben Dich natürlich schon einige Zeit beobachtet. Wir glauben, dass Du uns helfen kannst“.

„Ich brauche was zu trinken“ krächzte Hannes.

„Egon“ rief Arthur „bring unserem Gast etwas zu trinken“. Der Agent setzte sich in Bewegung. „Ach ja, ich hatte vergessen Dir Deine Entführer vorzustellen. Der gerade für Dich eine Cola holt ist Egon, das hier sind Fred, Franz und Manfred“

Kapitel 4 – Der Krieg

„Du bist Informatik-Student und hast wohl einigen Eindruck bei Deinen Professoren hinterlassen. Als wir nach geeigneten Kandidaten für unser Projekt gefragt haben, wurde mehrfach Dein Name genannt.

Nachdem wir Dich und die anderen eine Zeit lang beobachtet hatten, haben wir Dich ausgewählt“

Hannes wurde es abwechselnd heiß und kalt. Sie hatten ihn beobachtet. Wussten sie von EVE?
„Um was für ein Projekt geht es? Und wieso sollte ich Euch helfen, die Welt zu retten? Und wie?“
Arthur räusperte sich: „Dazu muss ich weiter ausholen. Wir sind im 3. Weltkrieg und wir haben praktisch verloren“.

Hannes lachte gequält: „Klar, 3. Weltkrieg. Ich sehe nirgends Panzer, Soldaten und Raketen. Der 3. Weltkrieg wird ein Atomkrieg, der ist in Minuten vorbei.“

„Nein“ widersprach ihm Arthur „Du bist doch schlau. Wir wissen von Deinen Hacks beim Radio“ Hannes schluckte „keine Angst, darum geht es uns nicht. Der Krieg ist anders als die Kriege zuvor. Keine Bomben, keine Armeen. Der Krieg tobt im Internet.“

Egon brachte Getränke für alle. Hannes trank gierig ein paar Schluck. Die kühle Flüssigkeit tat gut, aber sein Kopf brummte wie ein Bienenstock.

„Es sind nicht mehr nur Länder, die sich bekämpfen. Auch Firmen, mafiöse Netzwerke und auch Einzelpersonen machen mit. Jeder gegen Jeden. Anarchie. Es geht nicht darum, Länder kaputt zu machen. Wieso sollte man etwas zerstören, das man einfach so übernehmen kann? Es geht nur um Geld. Um Daten und Informationen. Und vor allem um Macht!“
Arthur schaute Hannes an, als wollte er in seinem Gesicht lesen, ob der begriff, was er erzählt bekam.
Nach kurzer Pause fuhr er fort:

„Begonnen hat das schon vor vielen Jahren. Als Krieg kann man es ungefähr seit 2015 bezeichnen. Aber unsere Regierung beachtete das nicht. Für die war das alles Neuland. Trotz vieler Hinweise von Experten gab es nur ein paar winzige Aktionen, wie die Gründung eines Cyberabwehrzentrums.
Allerdings mit viel zu geringen Mitteln, um auch nur die nötige Mindestausstattung an Hardware anzuschaffen. Von der Rekrutierung von Spitzenpersonal gar nicht erst zu reden.

Wer einigermaßen mit Computern umgehen konnte, ging nicht zum Staat. Die Industrie zahlte ein Mehrfaches. So blieb nicht viel mehr, als etwas Beratungsleistung übrig.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik verteilte Informationen zu den größten Gefahren, erstellte Anleitungen zur Datensicherheit, die kaum jemand las und noch weniger Leute überhaupt verstanden. Unsere Wirtschaft war weitgehend ungeschützt.
Du kennst die Geschichte von diesem schwäbischen Autobauer?“

Hannes nickte: „Klar, die wurden von Beratern dazu gedrängt, ihre IT in die Cloud zu verlagern. Kurz darauf wurden sie von den Chinesen übernommen.“

„Richtig, die Berater waren von der Konkurrenz bezahlt, aber unser Staat war zu schwach. Wir konnten die Übernahme nicht verhindern. Daher gibt es jetzt die Automarke „Roter Stern“ mitten im ehemaligen Zentrum des deutschen Automobilbaus.“

Arthur nahm einen Schluck und fuhr dann fort:
„Die Politik hatte andere Probleme. Die Migrationskrise, der Dieselskandal. Dann die Umweltbewegung. Das waren aber alles nur Ablenkungsmanöver. Das Volk und die Politik wurde beschäftigt und kaum jemand erkannte die wahren Gefahren, die auf unsere Gesellschaft zukamen.
Erst Ende 2019, als die Angriffe immer heftiger und zahlreicher wurden, wachten die Politiker langsam auf. Aber da war es zu spät.“

„Aber der Staat existiert doch noch, alles läuft weiter wie bisher“ erwiderte Hannes.
Arthur lachte gequält: „klar, aber das ist nur noch eine Hülle zur Beruhigung der Bevölkerung.

Der Staat hat die Kontrolle schon längst verloren. Er ist nur noch eine Organisation, um Steuern einzutreiben, damit die gröbsten Löcher in der Infrastruktur finanziert und repariert werden können. Ansonsten beschäftigt sich die Politik vor allem mit sich selbst.“

Hannes schluckte. „Den Eindruck hatte ich schon lange, aber ich dachte immer, das wären Verschwörungstheorien“

„Nein, das ist Real. Nur hat man es bisher immer noch geschafft, die Bevölkerung so weit zu beschäftigen, dass sie es nicht bemerkt. Brot und Spiele – das wussten schon die Römer. Gib dem Volk eine Beschäftigung und es bemerkt nicht, was geschieht. Die paar, die aufgewacht sind, hat man im Griff. Die werden so lange als Spinner diffamiert, bis sie aufgeben. Was glaubst Du, wieso Großprojekte nicht mehr fertig werden, wieso Gesetze zum Wohl des Volkes immer bei den Abstimmungen durchfallen. Fremde Geheimdienste und internationale Konzerne sagen, wo es lang geht. Der Staat ist nur noch dazu da, das Volk ruhig zu halten und Steuern einzutreiben.“

Hannes schien langsam zu begreifen, was ihm erzählt wurde. Das war alles verwirrend, so abstrus, aber wenn man genau überlegte, doch so offensichtlich.

„OK, der Staat existiert angeblich nicht mehr, wir haben den Krieg verloren. Soweit klar. Aber was soll ich dann hier?“

Arthur lächelte: „Langsam kommst Du zum Punkt. Es gibt noch eine kleine Hoffnung, dass man alles zum Guten wenden kann. Dafür wurde diese Geheimabteilung gegründet. Natürlich darf davon niemand wissen. Die meisten staatlichen Stellen sind zu sehr von fremden Geheimdiensten, Konzernen und Lobbyisten durchsetzt.“

Er schaute Hannes tief in die Augen: „Wir sollen die Gegner mit ihren eigenen Waffen schlagen, im Internet – Daten und Informationen einsammeln um kriminelle Konzerne zu überführen, Penetrationstests bei den „guten“ Firmen und bei staatlichen Stellen durchführen, das heißt zu schauen ob sie über das Internet angreifbar sind.“

Hannes unterbrach: „Ich weiß was das heißt“.

„Sehr gut, denn das wird Deine Aufgabe sein. Du wirst einem Team zugewiesen, das gemeinsam versucht, die verbliebenen unabhängigen Firmennetzwerke zu hacken, Daten zu erlangen und Schwächen zu dokumentieren.
Damit können wir dann diese Firmen so weit aufrüsten und gegen Angriffe härten, dass diese weiter bestehen können. Mit der Zeit hoffen wir die Kontrolle wieder zurückerlangen zu können.“

Hannes überlegte: „und was ist mit meinem Studium?“

„Die Uni ist eine staatliche Einrichtung. Wenn Du dem Staat hilfst, dann hilft der Staat Dir natürlich auch. Lass das unsere Sorge sein. Bei uns bekommst Du freie Unterkunft, die coolsten IT-Spielzeuge, die Du Dir als Informatikstudent vorstellen kannst, dazu natürlich auch noch eine anständige Bezahlung. Es gibt nur einen Haken…“

Hannes zuckte unmerklich zusammen. Natürlich gab es immer einen Haken. „Der wäre?“

„Da wir eine Geheimorganisation sind, wirst Du natürlich auch zur größten Geheimhaltung verpflichtet. Jegliche Kontakte zu früheren Freunden, Verwandten und Bekannten sind zu unterbleiben.“

„Ich habe leider keine Verwandten mehr und Freunde, naja, nicht so viele“.
„Das wissen wir, deswegen haben wir Dich ja auch ausgewählt. Bist Du dabei?“

Hannes überlegte: „Habe ich Bedenkzeit?“

„Natürlich, aber bitte nicht länger als 3 Tage. Es gibt noch andere potentielle Kandidaten für das Angebot, Hannes.“

Fremde Systeme knacken war schon immer sein Hobby. Er hatte zwar nie irgendeinen Schaden angerichtet – abgesehen von diesem Radiosender, der sein Verkehrsfunksystem abschalten musste. Ok das mit der gestohlenen Rechenzeit an der Uni war vielleicht etwas grenzwertig – aber so richtig als Hacker arbeiten und dazu noch legal und vom Staat unterstützt, das war schon sehr verlockend.

„Ok, ich bin dabei. Allerdings will ich wissen, wie diese geheime Organisation heißt. Ich konnte nirgends Abzeichen oder ähnliches entdecken“.

„Hannes, ich beglückwünsche Dich zu Deiner Entscheidung. Willkommen bei der Abteilung für Frieden und Freiheit in Europa, kurz Affe…“

„Waaas!?“ Hannes unterbrach ihn „Ich hatte die Geschichte schon fast geglaubt und jetzt kommt so ein schlechter Scherz?“

Arthur lachte: „Das ist kein Scherz. Ihr Informatiker nennt so etwas Security by Obscurity“

„Ich weiß was das ist, aber das passt doch hier nicht. Damit werden Daten oder Schnittstellen verschleiert, damit sie niemand zufällig findet. Aber das hält nur Anfänger ab. Ich dachte Ihr seid Profis!?“

„Doch das passt schon, wir verschleiern unsere Organisation.
Stell Dir mal vor: Jeder kennt das FBI, CIA, NSA und die ganzen anderen Geheimdienste.
Die sind stolz auf sich selbst und prahlen mit tollen Logos.

In jedem Laden kannst Du mittlerweile Klamotten mit entsprechendem Design oder Aufdrucken kaufen.

Aber wir wollen ja im Geheimen arbeiten. Keiner soll uns erkennen.
So und jetzt überlege Dir mal, wenn jemand zufällig etwas von uns hört und das auf einer Verschwörungsplattform postet, in der Art – Hey Leute, ich hab hier geheime Daten über die Organisation Affe“.

Hannes überlegte: „Da ist was dran, damit würde man sich gleich lächerlich machen“

„Eben“ Arthur grinste „wir wollen kein hipper Geheimdienst sein, sondern ein erfolgreicher. Und das fängt schon bei Kleinigkeiten an. Du wirst sehen, wir haben noch viel mehr Überraschungen für Dich. Also nochmal: Herzlich willkommen bei AFFE“

Ende der Leseprobe.
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511 – VERTRAUE NIEMANDEM

511 - VERTRAUE NIEMANDEM

Mein erster kleiner Roman. Ein Cyberkrimi.

Hannes verbringt als junger Informatikstudent den größten Teil seiner Zeit vor dem Computer.
Er hackt gerne fremde Systeme und bastelt an einer KI-Software.
Als sein Programm anfängt, ein Eigenleben zu entwickeln, benötigt Hannes Hilfe. Da er weder Telefon noch Internet vertraut, will er mit dem Zug zu einem Computerverlag fahren, um sein Programm dort überprüfen zu lassen.
Doch am Bahnhof wird er von Agenten entführt und zu einer geheimen Organisation gebracht. Dort lernt er die junge Hackerin Eva kennen und gemeinsam sollen sie ein gut gesichertes Netzwerk knacken. Plötzlich überschlagen sich jedoch die Ereignisse und die beiden müssen fliehen. Dabei können sie niemandem vertrauen, außer sich selbst.

Die ersten 4 Kapitel gibt es hier gratis zu lesen

Online erhältlich

511 - VERTRAUE NIEMANDEM

Erhältlich als eBook (ePub) bei Thalia, Buecher.de, Amazon oder im gut sortierten Online-Buchhandel.
Kann auch über die Onleihe bezogen worden – einfach bei der Bücherei nachfragen.

Direktlink zu Thalia: 511 – Vertraue niemandem

Direktlink zu Buecher.de: 511 – Vertraue niemandem

Direktlink zu Amazon.de: 511 – Vertraue niemandem

Erhältlich in meinem eigenen Onlineshop:
www.drucker-onkel.de – als ePub, PDF oder in gedruckter Form!

Warum ich das Buch geschrieben habe?

Ich bin früh morgens um 5:11 aufgewacht und hatte diese Geschichte im Kopf.
Es gab nur eine Möglichkeit für mich, die Geschichte wieder aus meinen Gedanken zu bekommen:
Indem ich sie als Buch aufgeschrieben habe.

Warum 511?
Eben weil ich um 5:11 aufgewacht bin und die Idee zu diesem Buch im Kopf hatte.
Und weil die Bahnhofsuhr auf 5:11 stehengeblieben ist.

Und wieso „VERTRAUE NIEMANDEM“ ?

Das müsst Ihr selbst herausfinden 🙂

Faszinierend

Beim Erstellen des Buches habe ich einiges über eBooks gelernt. Das ist ein sehr faszinierendes Thema.
Die ersten Kapitel habe ich mit LibreOffice erstellt
Danach erfolgte die Umstellung auf den eBook-Editor Sigil.
Das Programm ist kostenlos erhältlich und läuft bei mir unter Linux.
Windows kommt für mich nicht infrage. Genau wie Hannes in meinem Buch, will ich natürlich nicht, dass mein eigenes System gehackt wird, deswegen verwende ich so weit wie möglich nur Open Source Software.
Das schützt zwar auch nicht hundertprozentig, aber besser ein System, bei dem man nicht sicher ist, ob man sicher ist als ein System, bei dem man sicher ist, dass man unsicher ist 🙂

Romanvorlagen

Da ich mittlerweile von mehreren (!) Personen angesprochen worden bin, ob ich irgendwelche Vorlagen in Form von Menschen, Ereignissen oder Erinnerungen eingebaut habe, hier ein kleines Statement dazu:

Alle Ähnlichkeiten zu real existierenden Personen oder Organisationen sind rein zufällig. Alles selbst ausgedacht und von mir erfunden.

Ich bin allerdings kein Psychologe, daher kann ich nicht genau sagen, ob die Handlungen auf Erinnerungen, Wünschen, Ängsten oder sonstigen unbewussten Gedanken von mir selbst basieren. Die Geschichte entstammt meinem Kopf, irgendwie muss sie da wohl auch reingekommen sein 🙂

Viel Spaß beim Lesen….