Schlagwort: Spectre

EDV – Ende der Vernunft – ein Blick zurück

42er-Box Ludwigsburg (Um 1990)
42er-Box Ludwigsburg (Um 1990)

So ziemlich ein Jahr ist es her daß ich meinen EDV-Service nach über 25 Jahren  fast vollständig aufgegeben habe (3 nette Kunden habe ich noch).
Seither arbeite ich nur noch online an meinem Decalservice (www.drucker-onkel.de)
Ein gewisses Risiko.
Wie sieht es 1 Jahr später aus?
EDV - Ende der Vernunft - ein Blick zurück
Zeit für einen Rückblick – Erstmal ganz zurück…
Um 1986 habe ich mit dem Computer-Zeug angefangen, ab 1988 gewerblich zusammen mit meinem Onkel Computer verkauft und nebenher Informatik studiert.  Anfangs war das richtig toll.
Man hat gut verdient und spannend war das Thema rund um die Computer sowieso.
Übrigens -wenn man die Erfinder einer Technologie persönlich kennenlernt, dann ist die Technologie entweder noch ziemlich neu oder man selbst ist schon ziemlich alt.
Bei der EDV trifft vermutlich beides zu. Jedenfalls ist es noch garnicht so lange her daß Computer etwas sehr exotisches waren.
ich hatte im Studium die Gelegenheit Konrad Zuse persönlich kennenzulernen, einen der Erfinder des Computers. Ein tolles Erlebnis.
Natürlich lief die Entwicklung der Rechenmaschinen an vielen Orten parallel und man kann nicht so ganz genau sagen ab was so eine Maschine der Definition eines Computers entspricht. Konrad Zuse jedenfalls baute die erste voll funktionsfähige Rechenmaschine die heute als weltweit erster Computer anerkannt ist.
Es gab laufend etwas neues, man war noch Pionier.
ISDN habe ich mit der 42er-Box Ludwigsburg von Anfang an mitgemacht und bei DSL war ich damals der 2. Anschluss an meinem Wohnort.
Internet lernte ich an der Uni-Stuttgart kennen noch bevor es das WWW gab.
Usenet, Mosaic-Browser, das ganze Zeug war noch ganz am Anfang. Hätte ich bloß damals irgendwann Microsoft- oder Google-Aktien gekauft oder später Amazon. Naja, hinterher ist man immer schlauer.
Später habe ich als Einzelkämpfer weitergemacht und für viele Kunden EDV-Service angeboten.
Das war eine interessante und tolle Zeit.
Dann kamen die Elektro-Großmärkte und haben die Preise für Hardware kaputtgemacht.
Immer mehr kleinere Mitbewerber haben aufgegeben und am Schluss war ich ziemlich alleine in meiner Nische als Einzelkämpfer. Lustig nur daß heute genau diese Großmärkte über das Internet jammern das ihnen das Geschäft kaputt macht – eine späte Genugtuung und nein, ich habe keinerlei Mitleid.
Der Service wurde aber immer schwieriger und nerviger.
Kunden wollten von mir Hardware incl. Garantie und Service aber zum Abholpreis der Discounter. Und natürlich am besten die Business-Geräte zum Preis der Consumer-Kisten.
Schlimmer waren aber die Lieferanten der Business-Lösungen.
Die einen verschwanden, die anderen wuchsen zu Riesenfirmen und damit zu Problemen (für mich).
Wo früher ein Geschäft auf Gegenseitigkeit bestand (ich meldete Bugs und Tipps die ich bei meinen Kunden angewandt hatte und bekam im Gegenzug gute Unterstützung beim gemeinsamen Kunden) gab es plötzlich nur noch Support-Verträge – zu horrenden Preisen – direkt für den Endkunden.
Ein Anbieter einer Ärzte-Software ging sogar so weit daß er von mir einen Partnervertrag wollte in dem ich 10% meiner gesamten Umsätze(!) mit der jeweiligen Praxis als Provision an ihn abführte im Gegenzug für Zugriff auf das Händlersystem – da gab es also nicht etwas einen Händler-Rabatt sondern ich sollte sogar noch dafür zahlen daß ich meinen Kunden diese Software installieren dürfte (der Arzt durfte natürlich noch extra zahlen – monatlich). Klar, die wollten lieber ihre eigenen Servicetechniker schicken. Und am besten alles aus einer Hand verkaufen – incl. Hardware.
Auskunft, Service, Hilfe nur noch gegen Bares – zusätzlich zum sowieso bereits extrem gestiegenen Kauf- und Servicepreis der Software. Eine Abzock-Mentalität machte sich breit.
Ich stand zwischen den großen Firmen, Internet-Shop und Endkunden.
Natürlich wollte ich auch noch was verdienen. Aber der Wert meiner Arbeit war für die Kunden nur schwer zu begreifen. Erst jetzt nachdem ich weg bin und sie entweder niemand mehr finden oder andere, größere Firmen die deutlich teurer sind, jetzt gibt es nachträglich lobende Worte: „Bei Dir war das früher viel besser und auch deutlich günstiger“.
(Vielleicht ist auch der eine oder andere froh daß jetzt alles besser ist. Ich habe nicht alle befragt.)
Einkaufsquellen gab es nicht mehr, der Großhandel ein Witz, die Preise höher als für Endkunden im Web, dafür Null Service und Gewährleistung und Garantie bleiben an mir als Händler hängen.
Die Kunden jammerten über die hohen Kosten und ich sollte erklären warum das alles so teuer war.
Und warum gingen die Kisten dauernd kaputt. Ein Kunde hat das mal so gesagt: Meine Produkte halten 20 Jahre, wieso halten dann diese blöden Computer nur 2 Jahre!?  – was soll man da antworten?
Während die Wartungsverträge mit den Softwareanbietern von meinen Kunden noch mehr oder weniger klaglos bezahlt wurden blieb fürs Sparen eigentlich nur noch meine Arbeitskraft übrig. Klar, ich war ja nur ein 1-Mann-Betrieb. Da liess es sich einfacher verhandeln als mit der (kostenpflichtigen) Hotline einer großen Branchensoftware-Firma.
Irgendwann war mir das dann aber zu doof. Wieso sollte ich darüber diskutieren ob eine regelmäßige Prüfung der Datensicherung oder Einspielung von Updates sinnvoll ist. Ist doch nicht mein Problem wenn das Zeug irgendwann nicht mehr funktioniert. Bei einem Ausfall wäre es dann aber doch wieder mein Problem gewesen.
Wieso musste ich eine Stunde lang erklären warum man ab und zu mal eine neue Backup-Festplatte für 100,- Euro kaufen sollte (von einem neuen Arbeitsplatz oder gar Server garnicht erst zu reden, die sind ja nach 8 Jahren noch wie neu) und das dann  abgelehnt wurde während mir eine halbe Stunde später stolz vom Chef der neue Firmenwagen präsentiert wurde der im Leasing sicher monatlich den Wert mehrerer Festplatten gekostet hat.
Dazu immer neue Gesetze und Vorschriften die mich mehr und mehr ins Risiko drängten ohne daß ich davon irgendwelchen Nutzen hatte.
Auch wird alles immer mehr in die Cloud verlagert, ich lehne das nach wie vor kategorisch ab. Kaum in der Cloud schon geklaut! Firmendaten gehören NICHT in die Cloud. Punkt!
Immer mehr Trojaner, Viren, SPAM und sonstiger Müll und die Leute klicken einfach drauf und jammern dann wenn die Kiste abschmiert oder die Daten verschlüsselt sind. (bei fehlender Datensicherung wie bereits weiter oben erwähnt besonders lustig).
Rumgemaule weil der Anwender keine Admin-Rechte am Arbeitsplatz hat und dann eben nicht mal schnell Juniors gecrackte CAD-Software in der Firma installieren kann anstatt der legalen Version.  Oder die dauernden Versuche, mich zum Mittäter zu machen: Hast Du nicht mal einen Crack? Das kann man doch auch so installieren!? Kann man, ja, aber nicht mit mir!
Fremdfirmen die mal so eben ohne mich zu benachrichtigen Zugriff auf den Server bekommen um irgendwas zu installieren (der Admin-Zugang ist ja im Tresor hinterlegt) und dann werde ich angerufen weil das Netzwerk im Eimer ist. Toll!
Sinnlose Updates und fehlerhafte Fehlerbereinigungen für Betriebsysteme und Software. Immer mehr Knirschen im Zusammenspiel diverser Komponenten. Die aktuelle Software wird zwar immer bunter und mächtiger, für meine Begriffe aber auch immer wackeliger. Professionell ist was anderes.
Und dann Windows 10 mit Zwangsbeglückung durch Cortana, Datenabsaugen, automatischen Zwangsupdates die sich nicht mehr abschalten lassen.
Nein, das war nicht mehr meine Welt.
Mit 46 war ich Anfang 2017 einfach „zu alt für diesen Scheiss
Zum Glück läuft mein Decalservice sehr gut. Und da schaffe ich es auch daß die meisten Kunden zufrieden sind, das macht deutlich mehr Spass als dieses EDV-Zeug am Ende.
2017 – ein Jahr ohne EDV-Service
eine schwere Entscheidung wenn man selbständig ist und einfach mal alles umbaut. Was ist seither geschehen?
Die neue EDV-Betreuung eines Kunden rief mich mittlerweile mehrfach an weil sie nicht weiter wussen. Leute die mit Microsoft-Zertifikaten ausgestattet waren aber von Basics wohl doch nicht so viel Ahnung haben. Wenn im Mai 2017 entdeckt wird daß die Datensicherung seit Januar 2017 nicht mehr läuft weil die Sicherungsplatten defekt sind (siehe oben). Und dann bei mir anrufen und fragen was ich davon halte. Na gut Leute, da ich das Ding im Oktober 2016 übergeben habe und es da noch über 2 Monate lief und dann ausfällt und so etwas elementar wichtiges erst ein halbes Jahr später auffällt ganz offen: Ihr Pfeiffen!
Bei einem anderen Kunden war die Datensicherung auf einem Notebook aus Datenschutzgründen „verboten“.  Habe ich zwar nie kapiert aber irgendwann akzeptiert. Ist ja nicht mein Problem. Der „neue“ Dienstleister hat dann wohl irgendein Update eingespielt und die Benutzer umgestellt, dabei alle Daten gelöscht und dann haben sie vielleicht bemerkt warum ich immer Datensicherung empfohlen habe. Naja, nicht mein Problem.
Im Sommer 2017 gab es dann ein automatisches Windows 10 Update das die Treiber für Nadeldrucker zerschossen hat – Nadeldrucker, das sind diese antiken lauten Teile die man in Arztpraxen heute noch verwendet um Rezepte auszufüllen. Ich war an diesem Tag zufällig beim Zahnarzt und habe mich gewundert warum ich ein handschriftliches Rezept bekomme. Später habe ich dann einen Anruf von meinem EDV-Nachfolger bei einem (anderen) Arzt erhalten ob ich eine Idee hätte. Mein Tipp: wenn das nach dem Update passiert ist einfach mal das Update wieder runterschmeissen. Kurz darauf stand das Problem bereits in den News auf IT-Webseiten. Nicht mehr mein Problem.
Übrigens hatte ich es bis zum Schluss vermieden, irgendwo bei gewerblichen Kunden Windows 10 zu installieren. Heute gibts leider nichts anderes mehr.
Tja und dann die Sache mit den Versichertenkarten: Am 1.10 wurden wohl einige der ersten elektronischen Versichertenkarten „aus Sicherheitsgründen“ deaktiviert. Nur wurde vergessen daß solche Karten auf Jahre gültig sind und man den Betroffenen vielleicht bei Abschaltung mal Ersatzkarten hätte schicken sollen.
Da saßen die Leute also am Quartalsanfang mit (laut Aufdruck) gültigen Karten beim Arzt und das Lesegerät meinte „Karte ungültig“.  Sicher durften die Ärzte da auch einige Arbeitsstunden für sinnlosen EDV-Service bezahlen, das Problem waren ja die in der Software deaktivierten Karten. Aber das wusste ja zu dem Zeitpunkt kaum jemand.
Zur Cloud schreibe ich ein andermal mehr. Nur soviel: wer seine Daten in die Cloud stellt oder gar seine Hausautomation online über den Server eines Herstellers betreibt ist selber schuld.
Ich habe meine Uralt Heizungsregelung zum Jahresende 2017 ausgewechselt und nach langer Suche nach Cloud-freien (und trotzdem halbwegs aktuellen) Geräten ein System gefunden das ohne Internetzugang funktioniert (aber bei Bedarf per VPN auch von auswärts bedienbar ist). Kaum 2 Wochen nachdem ich diese Entscheidung getroffen habe ist der Cloud-Server eines großen Heimautomations-Anbieters wegen eines Updates ausgefallen. Da ging dann wohl für 1-2 Tage nicht mehr viel.  War meine Wahl für Cloud-lose Steuerung also nicht ganz falsch.
Januar 2018 – Meltdown & Spectre
was für ein Heiden-Spass. Die ganze IT-Welt ist in Aufruhr, alles was am Netz hängt ist theoretisch bereits gehackt. Popcorn!
Die jahrelang „überlegenen“ Intel-Prozessoren waren wohl nur deswegen überlegen weil bei der Sicherheitsprüfung in der Befehlsverarbeitung geschlampt wurde.  Die eilig von Microsoft zusammengebastelten Updates bringen angeblich 5-30% Leistungseinbußen und manche Rechner stürzen nach den Updates einfach ab. Da braucht es erst mal ein Update fürs Update.
Ein Security-Supergau
Abgesehen davon daß meine eigenen Geräte auch betroffen sind kann ich mich entspannt zurücklehnen. Den Mist bei Kunden zu reparieren dürfen jetzt andere machen.
Zusammengefasst kann ich nach einem Jahr sagen: alles richtig gemacht!
Nachdem ich über 30 Jahre bei Freunden und Bekannten der „Computerfreak“ war liegt es wohl an meinem Alter wenn ich aktuell vor der allgemeinen IT-Hörigkeit nur noch warnen kann.
Wenn erst mal Teile der Infrastruktur betroffen sind kann es da noch richtig knallen.
Die Telefonie läuft ja aber 2018 auch endgültig nur noch über das Internet.
Schöne neue Welt.
Tja und dann kommt auch noch die Datenschutz-Grundverordnung